„Lieber die Szene als nur hippe Mitte“

Christina Suárez und Viktor Grandgeorg über ihr Projekt „Potse People“ und das Image der Potsdamer Straße

taz: Was ist das Projekt „Potse People“?

Christina Suárez: Unser Projekt zielte darauf ab, den Medienstandort Potsdamer Straße und die Seitenstraßen mit seinen Medienunternehmen innerhalb und außerhalb sichtbar zu machen.

Welchen Anlass gab es?

Viktor Grandgeorg: Die Medienschaffenden wissen nichts voneinander und sind nicht vernetzt. Diese Lücke wollten wir füllen. Die Idee kam von Heidrun Abraham, die ein Event als „get together“ veranstalten wollte. Und das Quartiersmanagement vom Schöneberger Norden und Mitte wollten den Medienstandort wegen des sozialen Brennpunkts schon seit längerem fördern.

Wie war die Aufgabenstellung?

Suárez: Zuerst konzipierten wir eine virtuelle Plattform mit allen Adressdaten der Medienleute, um sie zu vernetzen. Doch das war nicht genug persönlicher Kontakt, deshalb organisierten wir Ende Januar die Medienmesse, zu der über 400 Leute kamen. Um sich noch mehr kennen zu lernen, riefen wir die wöchentlichen Medienstammtische ins Leben und treffen uns in Bars oder Kneipen vor Ort. Da kann man auch mal über Privates reden.

Ihr habt auch eine Studie über die Potsdamer Straße erstellt. Was gab es für Ergebnisse oder Eindrücke?

Suárez: Zuerst war die hohe Zahl der Unternehmen überraschend, 360 haben wir gefunden, dann aber auch die sehr gesunde Mischung von Branchen und Unternehmen. Sehr zufrieden ist man mit der zentrale Lage und der Verkehrsanbindung. Negativ ist das Standortimage und mangelnder Kontakt zu anderen Medienunternehmen.

Grandgeorg: Beeindruckend ist die Dichte der Unternehmen auf knapp 3 Quadratkilometern. Es gibt eine große Nachfrage nach Standortprofilierung.

Sozusagen eine Selbstentdeckung. Gibt es eine spezifische „Identität“?

Grandgeorg: „We are Potse People“ ist unser Slogan. Hier ist eine bunte Unternehmenslandschaft, die natürlich gewachsen ist, und das unterscheidet uns von Adlershof, wo eine bestimmte Sparte sitzt, die auch an eine Immobilien gebunden ist.

Es ist spröde hier – Kriminalität und Prostitution. Begreifen die Unternehmen das Milieu auch als ein Stück „Kultur“?

Suárez: Unternehmen, die zum Teil schon seit 30 Jahren hier sind, identifizieren sich mit der „Szene“, trotz der Brüche, im Gegensatz zur „hippen“ Mitte. Natürlich ist es manchmal peinlich, wenn der Kunde von der Berlinale vorbeikommt und da stehen ein paar Frauen auf der Straße. Die jungen Firmen sehen eher die Probleme, nicht das Ganze oder einen Kiez.

Ihr trefft euch in der Viktoria-Bar oder der Joseph-Roth-Diele, wieso?

Suárez: Die Leute beklagten mangelnde Gastronomiekultur. Doch sie wissen einfach nicht, was um die Ecke ist. Die gehen von der U-Bahn oder vom Parkplatz zur Arbeit.

Und was gibt es sonst noch an Kultur?

Suárez: Die Nähe zum Potsdamer Platz, wäre doch schön, dieselbe Postleitzahl wie die Berlinale zu haben, mit der Anbindung ist es aber leider schwierig …

Grandgeorg: … oder das Kapital, dort fand unsere Medienmesse statt. Und gleich daneben ist die Galerie der Künste.

Eure Studie hatte einen Ideenpool für die Zukunft. Gibt es wieder Geld von der Politik?

Suárez: Es ist noch nichts konkret.

Ihr wollt mehr Medienunternehmen anziehen, was ist der „Hit“ hier?

Suárez: Wir wollen Nummer eins sein und nach draußen strahlen. Bei X-Filme oder Cine Plus soll man sofort an die Potsdamer Straße denken.

Grandgeorg: Als Highlight ist ein Medienhaus angedacht, dann haben wir viel Leerstand und relativ billige Gewerbemieten.

INTERVIEW: ULRIKE KOPETSKY