BVG fährt auf sich selbst ab

Seit hundert Tagen fahren Metro-Busse und -Trams. BVG freut sich über mehr Kunden, Fahrgäste und Verbände fordern mehr Leistungen. Glasscheiben und Videokameras sollen Busfahrer schützen

VON MATTHIAS LOHRE

Seit hundert Tagen rollen die 24 so genannten Metrolinien bei Bussen und Trams. Die Zwischenbilanz fällt positiv aus. Zumindest wenn es um die Zahl der Fahrgäste geht: Seit Mitte Dezember haben die Verkehrsbetriebe nach eigenen Schätzungen rund 4,5 Millionen mehr Personen transportiert. Das ist ein Plus von 2 Prozent. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) fühlen sich bestätigt. Doch das neue Linienkonzept hat noch immer Kritiker. Mehr als 19.000 Beschwerden sind seit Einführung des neuen Liniennetzes beim Senat und den Verkehrsbetrieben eingegangen.

„Derzeit laufen stichpunktartige Befragungen und Fahrgastzählungen“, sagt BVG-Sprecherin Petra Reetz. Das Ziel: Überflüssige Wartezeiten beim Umsteigen oder parallele Fahrten von Tram und U-Bahn sollen wegfallen. Damit reagieren die Verkehrsbetriebe auf eine Aufforderung von Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer. Sie verlieh den Metrolinien am Wochenende die Note 2, pochte aber auf weitere Erfolgskontrollen. Deren Ergebnisse werden frühestens Ende April auf dem Tisch liegen, schätzt Reetz. Aber schon jetzt ist klar: Viele Kunden und Beobachter teilen nicht die Euphorie der Verkehrsbetriebe.

Die Metro-Trams fahren zwar 20 Stunden pro Tag, an sieben Tagen pro Woche und tagsüber mindestens im Zehn-Minuten-Takt. Doch sind auch viele Bushaltestellen entfallen. Kunden beschweren sich seither über längere Wege zur nächsten Haltestelle und lästiges Umsteigen. Der Fahrgastverband Igeb spricht sogar von „dramatischen Einschnitten“. „Zum Beispiel fahren ausgerechnet Samstagabend viele Metrolinien nicht im Zehn-Minuten-Takt“, sagt Igeb-Vize Jens Wieseke.

Die BVG reagiert gelassen auf die Beschwerden: „Natürlich nehmen wir die Einwände unserer Kunden ernst. Aber im Verhältnis zur Fahrgastzahl sind es recht wenige negative Stimmen.“

Seit im April 2004 Fahrgäste ausschließlich am vorderen Eingang der Busse einsteigen können, bekommen die FahrerInnen die Unzufriedenheit vieler Gäste geballt zu spüren. „Die Aggressivität vieler Fahrgäste hat deutlich zugenommen“, sagt Johannes Müller, BVG-Direktor im Bereich Omnibus. Allein seit Januar 2005 zählen die Verkehrsbetriebe 34 Übergriffe gegen Busfahrer, acht mehr als im Vorjahreszeitraum. Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 174 gewalttätige Attacken gegen Berliner Busfahrer. Das soll sich ändern. „Im Sommer werden wir zum Test in den ersten Bussen an der Führerkanzel eine Schutzscheibe einbauen“, kündigt BVG-Direktor Müller an. Zudem sollen bis 2007 nach und nach alle Busse mit Videokameras ausgerüstet werden.