„Wir grüßen die Täler und die Höh’n“

Volkslieder sind die einzige Rettung für Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen. Dafür muss sich Angela Merkelauf einen präsidialen Gegenspieler gefasst machen, während Heide Simonis im Feld ungeschlagen abtreten darf

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Köhler baut das Amt Richtung Handelsblatt-Chefkolumnist um.

Was wird besser in dieser?

Merkel bekommt ’ne „Köhler wäre der bessere Kandidat“-Debatte.

Wie heißt der politische Mörder von Heide Simonis?

Im Großen: Bitter, aber – Heide Simonis ist an ihrer eigenen Entscheidung gescheitert, die stärkste Partei nicht in die Regierungsbildung einzubeziehen. Das ist eine Haltung, die im umgekehrten Falle auch die SPD als Missachtung des Wählerwillens geißelt. En Detail: Wer immer nun bei der SPD erbt, muss mit dem Aufkleber „Ich wurde was dank dem Verrat“ rumlaufen. Cui bono? Wem nützt es? Im Menschlichen: In ein paar Monaten wird Simonis klarer empfinden, dass keiner einen Arsch in der Hose hatte, es ihr ins Gesicht zu sagen – im Felde ungeschlagen. Und dass sie für ein konkretes politisches Projekt gescheitert ist.

Welche Gründe gibt es, Peter Harry Carstensen lieb zu haben?

Weil er nun das neue deutsche Wappentier ist: Der gemütliche Großkoalabär.

Die Grünen haben bei fast allen Landtagswahlen der letzten Jahre zugelegt. Jetzt fliegen sie schon wieder aus einer Landesregierung. Muss das sein?

Was die Grünen zuletzt hinzugewonnen haben, galt weniger ihnen als Grünen, sondern eher ihrer Funktion als Methadonsozis. Wähler, die irgendwie ’n Stück weit Reformen wollen, aber eher per Bachblüte denn als Zäpfchen.

Wie ungerecht ist das?

Wenn Nachbars Äpfel nicht mehr auf dein Grundstück plumpsen, kannst du ihn nicht wegen Mundraubs verklagen.

Bärbel Höhn und Michael Vesper aus NRW sind bald die letzten grünen Landesminister. Mit welcher Kampagne wären die beiden zu retten?

Mit dem schönen Volkslied „Im Frühtau zu Berge wir zieh’n, Fallera, wir grüßen die Täler und dieHöh’n, Fallera.“

Wenn jetzt die Angela zum Gerhard gehen würde und fragen würde: Du Gerd, wie wäre es mit einer großen Koalition, würde Deutschland dann – Fortschritt um jeden Preis– dem Abgrund endlich einen Schritt näher kommen?

Vorher geht der Jürgen zum Peer. Traditionell wurden neue Politikmodelle für den Bund zuvor in Düsseldorf getestet: 1966 die sozialliberale, 1995 die rot-grüne Koalition. Gewiss nicht, weil NRW avantgardistisch wäre – aus regionalen Besonderheiten heraus laufen schon Große Koalitionen in Bremen und Brandenburg. Sondern gerade weil das stärkste Bundesland so stinknormal ist. Klappt’s da, klappt’s auch im Bund. Manko: So, wie sich Merkel aufführt, gibt es kein politisches Projekt, das eine Große Koalition begründen könnte.

Die Unternehmer müssen wohl bald weniger Steuern zahlen. Wann gibt es wieder Vollbeschäftigung?

Never ever, nicht auf diesem Wege. Angenommen umgekehrt würden alle politischen Kräfte ein Wettrennen veranstalten, den Gewerkschaften die Wünsche von der Nase abzulesen: Wann käme der Tag, an dem der Deutsche Gewerkschaftsbund sagte: „Diese Lohnerhöhung ist zu hoch!“?

Wie wird Ostern?

Warum nicht mal: Schön?

Und was macht Borussia Dortmund?

Siegtreffer durch Ricken.

FRAGEN: THORSTEN DENKLER