URDRÜS WAHRE KOLUMNE: Keine Brust dem Rollschrott
■ Journalist und Kabarettist, ist stolz, abweichenden sexuellen Verhaltensweisen gegenüber erhebliche Toleranz aufzubringen.
Diese merkwürdige Welt, die es einem erlaubt, die taz nord in einem Internetcafé in Warschau zu lesen, während der Nebenmann sich an einem Pornofilm mit Menschen und Hunden drin ergötzt, während ihm zu Füßen ein respektabler Dobermann liegt – zwischendurch nimmt er Sequenzen mit einer kleinen Kamera auf, und man fragt sich, ob Herr und Hund damit das eigene Intimleben anheizen; in einer solchen Welt also nimmt es nicht einmal wunder, dass im wenig glamourösen Braunschweig ein ehemaliges Topmodel aus dem Hühnchenstall der Heidi Klum auf der Straße ausflippt und Passanten attackiert – vermutlich nachdem sie bemerkt hat, dass ihr Weg sie nicht nach Mailand oder Paris geführt hat, sondern zu H&M in der Schlosspassage. Jetzt kommt die Sache vor Gericht – mein Mitgefühl hat diese Gisele Oppermann.
Die Feindbildpflege gehört zu den fürnehmsten Aufgaben des schreibenden Agitatoren und insofern muss ich rügen, wenn dieses Blatt sich darüber empört, dass Minister Hartmut Möllring von Niedersachsen in der Frage einer gesponserten Chinareise ein bisschen gemogelt hat: Das Volk weiß, dass seine Herren vom Stamme Nimm sind allesamt und sollte im Wissen darum bestärkt werden, denn im System der universellen Gesamttücke sind es solche Petitessen, die den Trennstrich setzen zwischen uns und diesen da!
Breiter noch als je zuvor schwillt mit Recht die Brust der Pauli-Fans: Nachdem der FC darauf verzichtet hat, für irgendwelchen Rollschrott zu werben und stattdessen das Trikot für die fußballgeile Community selbst zur Verfügung stellt, wird man überall in der Soccer-Welt solche Haltung zu rühmen wissen. Jungs, wir sind stolz auf euch!
Inzwischen hat der Pornohund mitbekommen, dass ich mich über ihn und Herrchen belustige; Letzterer indessen beschleunigt seinen Weinbrand-Konsum, als wolle er sich in den Zustand der Strafunmündigkeit expedieren – für mich das Signal, mein Schaffen erstmal einzustellen und allerherzlichst zu grüßen aus der Stadt des Ghetto-Aufstands. Schon auf der Flucht, ULRICH „Chopin“ REINEKING
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