Nur noch 550 Tage bis zur Wahl

Die Lager stehen bereit. Der Kampf um die Regierung ist eröffnet. CDU will Kanzlerkandidaten noch in diesem Jahr nominieren. SPD-Chef Müntefering mahnt Rot-Grün zur Geschlossenheit

BERLIN taz ■ Willkommen im Bundestags-Wahlkampf 2006. Eineinhalb Jahre vor dem Wahltermin hat CDU-Generalsekretär Volker Kauder gestern verkündet: „Ende des Jahres wird die Kanzlerkandidatur entschieden.“ Gleichzeitig rief SPD-Chef Franz Müntefering die Grünen zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung auf und warnte, die Arbeit von Rot-Grün dürfe „nicht so kleinkariert sein“. Damit formieren sich nach der Woche des Jobgipfels und des Kieler Debakels um Heide Simonis die Blöcke wie gehabt: hie Rot-Grün, da Schwarz-Gelb. Einig sind sich beide Seiten nur in der Ablehnung einer großen Koalition im Bund. Den Bürgern droht nun mehr als ein Jahr Dauerwahlkampf.

Aus Sicht von CDU-Chefin Angela Merkel „nähert sich das rot-grüne Projekt seinem Ende“. Doch auch die mutmaßliche Gewinnerin der K-Frage ist sich offenbar nicht sicher, wie schnell Rot-Grün scheitern wird. „Wann genau das sein wird, kann ich nicht sagen. Ich verweise auf die deutlich zutage tretenden Risse in der Koalition und in der SPD.“ In jedem Fall soll Merkels frühe Kür ihr einen schwungvollen Start in die Konfrontation mit Rot-Grün ermöglichen.

Die Entschlossenheit der Union trifft im rot-grünen Regierungslager auf tiefe Verunsicherung und erste Anzeichen von Resignation. So fiel auch Münteferings Appell zum Anpacken vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai düsterer aus als wahrscheinlich beabsichtigt. Der SPD-Vorsitzende verlangte, der Alltag von Rot-Grün dürfe sich nicht so oft „im ewig langen Palaver“ verlieren. Beide Partner sollten intensiver und früher als bisher „die Dinge miteinander diskutieren und auf den Punkt bringen und nicht der erstaunten Öffentlichkeit lange Phasen des Streits und der Wahrheitsfindung“ bieten.

Die Union geht derweil die größte Schwierigkeit an, vor der sie 2006 stehen dürfte: den Wechselwählern die Angst vor weiteren sozialen Härten im Fall eines Regierungswechsels zu nehmen. Roland Koch (CDU) argumentierte gestern so: „Wer fast fünfeinhalb Millionen Arbeitslose, jahrelanges Nullwachstum und einen desolaten Schuldenhaushalt zu verantworten hat, dem wird es nicht gelingen, den Bürgern Angst vor einer unionsgeführten Regierung durch die Behauptung zu vermitteln, die Sozialdemokraten würden den Abstieg Deutschlands so glänzend sozial verwalten.“ PAT

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