Die absolute Härte sind Oberlippenbärte

NRW-Innenminister Fritz Behrens stellt das Logo für die Fußball-WM 2006 vor – wie erwartet mit obligatorischen Oberlippenbart. Umgang mit den Personendaten der Fans wird von Fanprojekten und Datenschützern kritisiert

DÜSSELDORF taz ■ Bei der Vorstellung des nationalen Polizei-Logos zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 betonte Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens (SPD) noch einmal, dass „Gewalttäter keine Chance haben werden“. Das Logo, gezeichnet vom Polizisten und Karikaturisten Jürgen Tomicek lässt daran jedoch Restzweifel: Ein breit grinsender Fußball, mit verdächtig kurzen Oberlippenbart, die Weltkugel auf dem Zeigefinger balancierend. Chaplin-Adaption oder doch das Original? Willkommen in Deutschland.

NRW nimmt bei der Fußball-WM mit den Spielstätten Dortmund, Gelsenkirchen und Köln eine Schlüsselrolle ein. 16 Begegnungen werden hier unter Obhut der Staatsmacht stattfinden. Für den reibungslosen Ablauf sollen vor allem die in der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) beim Landeskriminalamt in Düsseldorf gesammelten Daten über Hooligans sorgen – rund 6.000 deutsche Hooligans sind in der so genannten Datei „Gewalttäter Sport“ gespeichert, darunter 2.100 aus NRW. Den Gewalttätern soll durch die Erfassung der Zutritt zu den Fußballspielen verweigert werden. Sie müssten vor und während der WM damit rechnen, von Polizisten gezielt angesprochen zu werden: „Freundchen pass auf, wir kennen dich.“ Innerhalb der Europäischen Union gibt es nach Angaben von Behrens derzeit etwa 7.000 Stadionverbote, bis zur WM könne dieses Zahl auf 10.000 steigen. Der DFB werde sicherstellen, dass diese Sperren auch für die WM-Stadien gelten.

Dass Fußball-Fans auch ohne ihr Wissen und zu Unrecht in der Datei auftauchen, ist seit vielen Jahren bekannt, wird aber billigend in Kauf genommen. Der störungsfreie Ablauf der WM steht im Mittelpunkt. Das Bündnis Aktiver Fußballfans fordert die „Verankerung eines Anhörungsverfahrens in den Richtlinien, um dem Betroffenen Gehör zu verschaffen und die Vereine zu zwingen, sich mit seinem Fall ernsthaft zu beschäftigen“.

Ebenfalls problematisch ist, dass der Stadionbesucher mit dem Erwerb der Eintrittskarte auch seine Persönlichkeitsrechte abgibt. Über so genannte elektronische RFID-Chips, die auf den Tickets angebracht sind, werden die Personendaten der Fans lesbar. Wer sich weigert, seine Daten öffentlich zu machen, wird sich die WM vor dem Fernseher ansehen müssen. „Die Angabe der Personalausweisnummer widerspricht zum Beispiel dem Personalausweisgesetz“, sagt Bettina Gayk, Sprecherin der Landesbeauftragten für Datenschutz (LfD) in NRW und warnt vor der flächendeckenden Einführung der „problematischen Technik“. HOLGER PAULER