Gießkannen für die Kreativen

Kultursenatorin stellt ohne Vorwarnung die Programmförderung für Künstler und Kunstinitiativen um und fördert so Zersplitterung anstelle von Nachhaltigkeit

Dem Gießkannenprinzip frönt derzeit die hiesige Kulturbehörde. Denn auch wenn Senatorin Karin von Welck derlei vor Jahresfrist vehement von sich wies, verdient ihre jüngste Entscheidung doch exakt diesen Namen: 15 von 16 Anträgen auf Programmförderung für bildende Künstler hat die Jury, die ihre 98.000 Euro „wohl überlegt“ verteilt haben will, stattgegeben. Die Konseqenz: Westwerk, KX, FRISE und Bildwechsel, bislang in konstantem Umfang geförderte Institutionen, müssen, wie sie gestern erfuhren, rückwirkend für 2005 starke Einbußen hinnehmen: 15.000 anstelle der bisher 24.000 bis 26.000 Euro erhalten Westwerk, KX und FRISE; Bildwechsel bekommt 12.000 Euro anstelle der beantragten 16.000.

Dass die von den Kürzungen Betroffenen ihren Ausstellungsbetrieb drastisch werden reduzieren müssen, nimmt die Behörde in Kauf. Diese Institutionen müssten eben künftig andere Geldquellen finden, heißt es lapidar. Die Senatorin habe das Kulturangebot ausweiten wollen, indem sie nicht mehr nur die bislang geförderten „alteingesessenen“ Institutionen berücksichtige, sagt Behördensprecher Björn Marzahn. Für eine rechtzeitige Rücksprache mit den Betroffenen reichte der Respekt dann aber nicht; auch auf die Idee, an einem runden Tisch aller Antragsteller Lösungen zu finden, kam die Senatorin nicht.

Gefördert werden also außer den zuvor Genannten: die Künstlerhäuser Söötborn, Bergedorf und Stresemannstraße, das Feld für Kunst, das Künstlerhaus eins eins, das Elektrohaus, das BLAUZimmer für Kunst, das Trottoir, das Haus für Kunst und Handwerk Koppel 66 sowie der Einstellungsraum für Kunst, wobei sich die Frage stellt, wozu eine Jury vonnöten ist, wenn schlicht alle berücksichtigt werden.

„Wir legen Wert darauf, dass kein Anrecht auf Förderung in bestimmter Höhe besteht“, sagt Marzahn außerdem, und es klingt nach einer jener Disziplinarmaßnahmen, die Dana Horáková so liebte. „Teile und herrsche“, hieß deren Devise – eine Sentenz, die man bei von Welck jetzt wiedererkennt und die sich nur in der Nuance unterscheidet: „Im Zuge der Planbarkeit wäre es sinnvoll gewesen, die betroffenen Stätten im Vorfeld zu informieren“, räumt Marzahn ein. Dann hätten sich die Künstler, die der Coup ohne Vorwarnung traf, rechtzeitig umorientieren können. Petra Schellen