Selektiver Blick

Kripo-Beamter kann nicht erklären, warum er einst nur einen Teil einer offensichtlich wichtigen Akte kopiert hat

Bremen taz ■ Im Prozess gegen den der Bestechlichkeit angeklagten ehemaligen Abteilungsleiter im Bremer Bauressort, Gottfried Z., bleibt weiter offen, warum wichtige, den Angeklagten entlastende Unterlagen nicht in den Prozessakten enthalten sind. Auch der Kripo-Beamte Peter B., den das Bremer Landgericht gestern in den Zeugenstand lud, konnte dazu nichts Erhellendes sagen.

B. hatte die bei Zechbau und der Bremer Sport und Freizeit GmbH beschlagnahmten Unterlagen zum Umbau der Ostkurve des Weserstadions gesichtet und in seinen Augen Wichtiges in Kopie zu den Prozessakten gegeben. B. war es auch, dem der frühere Leiter des Hochbauamtes, Falko von Strauß und Torney einst einen ganzen Aktenordner mit relevanten Unterlagen zur Durchsicht überließ. Jenes gut hundert Seiten starke Konvolut hatte von Strauß unlängst zu seiner Vernehmung vor Gericht mitgebracht. Dabei stellte sich heraus, dass die dem Gericht vorliegende Kopie davon nur sehr unvollständig war – und offensichtlich vor allem den Angeklagten entlastende Unterlagen darin fehlten.

Von Strauß habe doch seine eigenen Unterlagen schon als „relevant“ eingestuft, hielt Richter Bernd Asbrock dem Zeugen B. gestern vor. Warum er die denn dann nicht vollständig kopiert habe? „Das kann ich nicht sagen“, erwiderte B. und räumte ein: „Es hätte keinen Sinn gemacht, sie rauszulassen.“

Ob er die Unterlagen denn vielleicht „nach einem bestimmten Vorverständnis“ bewertet und dabei „möglicherweise Entlastendes nicht kopiert“ habe, hakte Asbrock nach. B. verneinte: „Ich würde sowas nicht machen.“ Bei der Zusammenstellung der Prozessunterlagen gegen seinen Mandanten seien „offensichtlich Chaostheoretiker“ am Werk gewesen, kommentierte Verteidiger Reinhold Schlothauer.

Gottfried Z. steht unterdessen eine erneute Besichtigung seines Hauses bevor. Ein Gutachter aus Stuttgart soll noch einmal „von A bis Z“ ermitteln, welchen Wert die Umbaumaßnahmen hatten, die Z. von Zechbau hatte durchführen lassen. Das erste Gutachten war wegen dilettantischer Fehler von der Verteidigung zerpflückt worden. „Wir sind verhalten optimistisch, dass wir einen Mann gefunden haben, der objektiv und mit hohem Sachverstand an die Dinge herangeht“, sagte Asbrock. Das Gutachten soll im August vorliegen. sim