Jagdgesetz aus den 30ern

betr.: „Die Revoluzzer mit der Bleiflinte“ (Im Umland Berlins kann man bisweilen auf eine besondere Sorte Jäger stoßen: Ökojäger tragen keinen Gamsbart und sind nicht an Geweihen orientiert. Sie wollen den Wald schützen), taz vom 15. 3. 05

An und für sich halte ich absolut nichts von der Jagd. Vor allem die Hobbyjagd ist in meinen Augen ein anachronistisches Relikt. Was aber an diesen Ökojägern weniger unsympathisch als an traditionellen Grünröcken ist, ist die Tatsache, dass sie endlich mal frischen Wind in die Sache bringen.

Seit Jahren arbeiten Jagdgegner daran, die Bundesregierung dazu zu bewegen, das Bundesjagdgesetz endlich zu novellieren. Seit Jahren vergebens, da viele Umweltschutzverbände und Ministerien von Lodenträgern unterwandert sind. Noch immer ist es Jägern erlaubt, Hunde und Katzen zu töten, noch immer gibt es kein Verbot für die Fallenjagd, noch immer ist Anfütterung erlaubt, noch immer darf Jagd auf Kleintierbeutegreifer gemacht werden, in kaum einem anderen europäischen Land ist die Liste der zum Abschuss freigegebenen Wildtiere länger. Wir leben im 21. Jahrhundert und haben noch immer ein Jagdgesetz aus den 30ern. Wenn die Ökojäger es schaffen, wenigstens Anfütterung, bavarophile Jägerkluft und Trophäenkult ein Ende zu setzen, dann schwöre ich – wenigstens für einige Zeit – keine Haare mehr in der Nähe von Hochsitzen zu verstreuen.

Dennoch ist die Vorgehensweise der Ökojäger in ihren eigenen Wäldern nicht unbedingt sehr effizient. Erfahrungen aus den Niederlanden und dem italienischen Nationalpark Gran Paradiso zeigen, dass die Wildpopulationen geringer sind, wenn man nicht nur Anfütterung, sondern auch die Jagd sein lässt. Klingt zwar paradox, entspricht aber den Tatsachen, denn der Wildbestand reguliert sich selbst, auch ohne Wölfe. Zudem halten sich Rehe normalerweise nicht im Dickicht auf, ihr natürlicher Lebensraum ist der Waldrand. Die Angst vor den Jägern zwingt sie dazu. EDGAR HINTZE

In Brandenburg existiert traditionell ein eklatantes Missverhältnis zwischen Wald und Wild mit der Konsequenz massiver Schäden an Jungbäumen und der großflächigen Verhinderung eines naturnahen Waldbaus. Forst- und jagdpolitische Insider sprechen sogar von gesetzeswidrigen Verhältnissen. Kein Wort davon in dem o. g. Artikel: Der Autor hat das komplexe Thema intellektuell verfehlt, sucht dadurch verständlicherweise Zuflucht in einer monströsen Märchenwelt und versucht krampfhaft, dieser durch blutrünstige Sprüche einen Anstrich von Realität zu geben. Schade – eine Chance wurde vertan und der pfiffig-kritische Charme des taz-Journalismus missbraucht. FRANZ STRAUBINGER,

Leiter der Hatzfeldt-Wildburg’schen Verwaltung, Wissen