Die Eintracht funkelt

Nach dem 1:0 über Greuther Fürth sind die von Friedhelm Funkel trainierten Frankfurter aufPlatz vier der Zweitligatabelle vorgerückt und haben die Aufstiegsplätze wieder direkt vor der Nase

AUS FRANKFURT CHRISTOPH RUF

Zu den skurrilsten Ritualen im Fußballbusiness gehört es, vor dem Anpfiff einen Kreis aus Spielern zu bilden, der sich nach archaischem Gebrüll auflöst und dadurch zeigt, wie siegeswillig er ist. In Fürth hingegen weiß man offenbar, was sich gehört, verhält sich vor Publikum still und verlegt symbolträchtige Gesten in die eigene gute Stube.

Die Mannschaftskabine im traditionsreichen Ronhof wurde so im Dezember vergangenen Jahres zum Schauplatz eines Schwures, bei dem sich 27 Männer ganz tief in die Augen schauten. Auf die Frage von Trainer Benno Möhlmann, welche Ziele sich die 26 Angestellten des damals frisch gebackenen Tabellendritten noch zu stecken gedächten, antwortete jeder einzelne: „Ich will rauf.“ Der Verein vernahm’s mit Freuden, zumal die Mannschaft auch tatsächlich eine unvergleichliche Siegesserie startete, die erst vor drei Wochen endete. Nach zwei Niederlagen und einem Spielausfall war der Vorsprung der Fürther, der zwischenzeitlich einmal neun Punkte betragen hatte, dahingeschmolzen. Worauf Trainer Möhlmann erneut zum Rapport bat: „Die zweite Liga ist zwar spielerisch viel stärker als früher, aber ohne Lauf- und Kampfbereitschaft hat man in der Spitzengruppe nichts verloren.“ Fürths Spieler erwiesen sich erneut als willig und gelobten, „den Kampf anzunehmen“ und „dagegenzuhalten“.

Allerdings war es beim Montagabend-Zweitligaspiel im imposanten Frankfurter Waldstadion zunächst den Gastgebern vorbehalten, die Akzente zu setzen, beeindruckt orchestriert von 27.000 Zuschauern, die den Geräuschpegel in gesundheitsgefährdende Dimensionen schraubten. Bereits in der eigenen Hälfte wurde der ballführende Fürther Spieler von mindestens zwei wild entschlossenen Hessen attackiert, vorne überlief Duri Cha die Fürther Defensive in schöner Regelmäßigkeit. Nachdem der slowenische Nationalkeeper Borut Mavric gegen Arie van Lent (10.) und Jermaine Jones (11.) noch klären konnte, war in der 31. Minute auch er machtlos. Eine exzellente Vorarbeit von Cha musste Markus Weissenberger nur noch zum 1:0 einschieben. Nach dem Wechsel trat Fürth deutlich agiler auf, die zwingenderen Torchancen hatte allerdings nach wie vor die Eintracht, die das Kunststück vollbrachte, hinten sicher gestaffelt zu stehen und dennoch offensiv immer gefährlich zu agieren. Dass man „hinten eine Wand“ sei, hielt Frankfurts bester Spieler Jermaine Jones dann auch für den spielentscheidenden Faktor. Zumal immer wieder er selbst auch die klarsten Torchancen vergab. In der 79. Minute wurde den Gastgebern zudem ein Elfmeter verweigert, als Jones von Roberto Hilbert im Strafraum umgesenst wurde.

Während Fürth das Versprechen, sich nicht kampflos geschlagen zu geben, einlöste, vernachlässigten die Franken die Spielkultur, die sie nicht erst seit dieser Saison zu einer positiven Erscheinung in der Zweiten Liga macht: Immer wieder wurden die Bälle aus dem Halbfeld in den Strafraum der Frankfurter geschlagen, kurze Anspiele in die Spitze blieben rar. Der eingewechselte Jörg Albertz nahm zudem ab der 69. Minute in zwei Situationen das Tempo aus dem Offensivspiel und leistete sich manchen Fehlpass. Dennoch war Marcus Feinbier, Fürths mit neun Treffern erfolgreichster Torschütze, nach dem Spiel nicht unzufrieden: „Auf der Leistung können wir aufbauen. Zumal wir jetzt zwei Heimspiele in Folge haben.“

Nach mittlerweile acht Heimsiegen in Folge ist Eintracht Frankfurt auf den vierten Tabellenplatz vorgerückt. Am Wochenende war der Vertrag von Trainer Friedhelm Funkel per Handschlag um ein Jahr verlängert worden – wer das Team in den letzten Wochen gesehen hat, kommt nicht umhin, das als eine kluge Maßnahmen zu werten. Nicht nur dass es Funkel innerhalb weniger Monate geschafft hat, zahlreiche junge Talente zu zuverlässigen Teamspielern auszubilden. Der als Defensivpapst verschriene Rheinländer lässt zudem einen bemerkenswert mutigen Fußball spielen, der von allen Akteuren ein beachtliches Laufpensum verlangt. Und spätestens seitdem Huub Stevens in Köln das Zepter schwingt, weiß man auch beim Aufstiegskandidaten vom Rhein, dass das, was Friedhelm Funkel dort vor zwei Jahren spielen ließ, kein unattraktiver Fußball war.