: Chef und Schule unter der Lupe
CDU-PARTEITAG Die schwarz-grüne Schulreform und der angeschlagene Parteichef Michael Freytag kommen heute Abend auf den Prüfstand
Seit vorigen Donnerstag stehen die Standorte der künftigen Primar- und Stadtteilschulen sowie der Gymnasien fest. Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) legte den Entwurf für einen Schulentwicklungsplan 2010-2017 vor.
■ Er sieht vor, dass aus den 210 Grundschulen 162 sechsjährige Primarschulen werden. Aus den bisherigen Gesamt-, Haupt- und Realschulen sollen 52 Stadtteilschulen werden. Die 61 Gymnasien sollen erhalten bleiben.
■ Die Kosten für notwendige An- und Umbauten bezifferte Goetsch auf rund 190 Millionen Euro.
Zweierlei wird am heutigen Dienstag unter die Lupe genommen: Der CDU-Landesvorsitzende Michael Freytag und die schwarz-grüne Schulreform. Auf dem Parteitag der Hamburger Union am Abend im CCH wird die mit dem Koalitionspartner GAL vereinbarte Bildungsreform das beherrschende Thema sein. Zuvor aber werden Indizien für das weitere politische Schicksal Freytags gesammelt.
Der Parteichef und Finanzsenator steht mächtig unter Druck. Seine versuchte Schönrednerei des Hamburger Haushalts und seine miserable Performance beim Finanzdebakel der HSH Nordbank haben ihn fast schon die Restsympathien gekostet, denn auch in der CDU wachsen die Zweifel an den fachlichen Kompetenzen des Bankkaufmanns und Juristen. Wie lange der 51-Jährige noch Senator und Landesvorsitzender bleibt, hängt wahrscheinlich von den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses Nordbank ab. Freytags Auftaktrede auf dem Parteitag – und vor allem der Beifall dafür – dürften aber als Fingerzeige zu werten sein.
Umstritten ist nach wie vor die Primarschulreform. Heute Abend wird eine Gruppe von zehn Parteimitgliedern aus dem Landesfachausschuss Bildung beantragen, dass Eltern künftig das Recht haben sollen, ihre Kinder nach der 3. Klasse auf einer anderen Primarschule anzumelden. „So steht es im Koalitionsvertrag“, sagt einer der Antragsteller, der Bürgerschaftsabgeordnete Robert Heinemann. „Wenn Eltern an ihrer Primarschule nicht das Profil vorfinden, das sie wünschen, muss der Wechsel möglich sein.“ Im Schulgesetzentwurf sei davon aber nicht die Rede. Ein solches Elternwahlrecht nach der 3. Klasse ist fachlich umstritten, weil es die soziale Entmischung vorverlegen könnte. Ferner kritisiert der frühere schulpolitische Sprecher, dass im kürzlich vorgelegten Schulentwicklungsplan wichtige Angaben fehlen. „Wir als Abgeordnete erfahren nicht, wie viele zusätzliche Klassen- und Fachräume nötig sind.“
Bevor die Delegierten über diese Fragen streiten können, wird der Erziehungswissenschaftler Klaus-Jürgen Tillmann die empirischen Befunde für die sechsjährige Primarschule vorstellen. Im Anschluss werden die Vorsitzenden von Eltern-, Lehrer- und Schülerkammer, Hans-Peter Vogeler, Katrin Blümel und Frederic Rupprecht Statements abgeben. Für die Reformkritiker tritt auf Vorschlag Heinemanns die Elternratsvorsitzende des Johanneums, Corinne Geppert, ans Rednerpult.
KAIJA KUTTER / SVEN-MICHAEL VEIT