Jobsucher sollen mobil werden

Mit einem „Jobsucher-Ticket“ wollen PDS und Gemeinsam gegen Sozialraub Langzeitarbeitslosen mehr Mobilität ermöglichen. Kölner Arbeitslosenzentrum ist begeistert, Grüne sind skeptisch

VON SUSANNE GANNOTT

Dass Arbeitslose flexibel sein müssen, jeder Job zumutbar ist und kein Weg zu weit sein darf, hören sie jeden Tag. Bezahlen müssen sie die geforderte Mobilität allerdings alleine: Der verbilligte Kölner Mobilitätspass gilt nur für die nicht-arbeitsfähigen Bezieher von Sozialgeld, nicht für die Empfänger von Arbeitslosengeld II (ALG II).

Dabei müsste gerade diese Gruppe die Möglichkeit haben, sich günstig mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewegen, sagen die Kölner Ratsgruppen PDS und Gemeinsam gegen Sozialraub (GgS). In der nächsten Ratssitzung wollen sie den Antrag stellen, für ALG-II-Bezieher ein „Jobsucher-Ticket“ einzuführen.

Kern der Idee ist, die Kosten für ein solches Ticket auf möglichst viele Schultern zu verteilen, erklärt PDS-Ratsherr Jörg Detjen. „Wir schlagen eine Mischfinanzierung durch alle Beteiligten, also Stadt, Arbeitsagentur, KVB und Arbeitslose vor.“ Die Arbeitslosen sollten allerdings weit weniger als die 20 Euro bezahlen müssen, die im ALG II als Pauschale für Verkehrsmittel enthalten sind, ergänzt GgS-Ratsmitglied Claus Ludwig. „Auch ein Arbeitsloser muss ja mal sein Fahrrad reparieren.“ Aber wenn die Arbeitsgemeinschaft von Stadt und Arbeitsagentur (ARGE) und die KVB etwas dazu geben, müsste ein Ticketpreis von unter 20 Euro finanziell drin sein, so Ludwig. Zumal die KVB auch etwas davon habe, wenn weniger Arbeitslose gezwungenermaßen schwarzfahren.

Eine zweite Variante haben sich PDS und GgS für die Ein-Euro-Jobber ausgedacht: Ihr Jobsucher-Ticket solle vollständig von dem Beschäftigungsträger bezahlt werden, für den sie arbeiten. „Schließlich profitieren die von den Jobs und bekommen dafür massig Geld von der ARGE“, sagt Ludwig.

Beim Kölner Arbeitslosenzentrum KALZ, das selbst bislang zwei Ein-Euro-Jobber in seinen Obdachloseneinrichtungen beschäftigt und demnächst weitere 30 einstellen will, hält man das Ticket für eine „hervorragende Idee“. Geschäftsführerin Wiltrud Derks hätte auch nichts dagegen, wenn das KALZ die Fahrkarte bezahlt. „Das ist nur Recht und billig. Schließlich sind wir in der Verpflichtung, Perspektiven für die Arbeitslosen zu schaffen.“

Bei den Kölner Grünen stößt der PDS-GgS-Vorschlag dagegen auf Ablehnung. Es sei völliger „Quatsch“ zu erwarten, dass die Träger das Ticket von den 500 Euro bezahlen, die sie von der ARGE für jeden Ein-Euro-Jobber bekommen, sagt der sozialpolitische Sprecher Ossi Helling. „Die werden damit keinesfalls Gewinn machen – vor allem, wenn sie es mit der Qualifizierung Ernst meinen.“ Auch von der Idee mit der Mischfinanzierung des Tickets für die übrigen ALG-II-Bezieher hält Helling nichts. Das sei „viel zu kompliziert“. Außerdem sei die Mobilität der Arbeitslosen allein Sache der Stadt; „die muss das bezahlen.“

Allerdings ist dieser Ansatz zurzeit im Kölner Rat offensichtlich nicht durchsetzbar. Erst im Dezember waren die Grünen mit ihrem Antrag gescheitert, den Mobilitätspass auf ALG-II-Bezieher auszuweiten. Helling will daher ein paar Monate abwarten, bis erste „reale Erfahrungen mit der Gesamtbetreuung der ALG-II-Bezieher analysiert werden können“. Dann, hofft er, hat ein neuer Vorstoß in Sachen Mobilitätspass auch bessere Chancen auf eine politische Mehrheit.

Detjen dagegen will „das Mauern der großen Koalition gerade mit der Mischfinanzierungsidee aufbrechen“. Außerdem hätten die Arbeitsloseninitiativen „uns aufgefordert, rasch zu handeln, weil jetzt Diskussions- und Handlungsbedarf besteht“. Was die politische Durchsetzbarkeit betrifft, bleibt auch Detjens Kollege Ludwig skeptisch. „Aber wir wollen die Diskussion anstoßen und zeigen, wie man mit wenig Aufwand viel verändern kann.“