„Anwalt der Zivilcourage“

Inge Jens liest aus ihrem Leben

■ Bestsellerautorin und Herausgeberin der Tagebücher Thomas Manns. Sie lebt in TübingenFoto: Manfred Grohe

taz: Frau Jens, Warum haben sie das Buch geschrieben?

Inge Jens: Ich werde älter und älter und offenbar ist eine Eigenschaft des Alters sich zurück zu erinnern. Wäre mir mein Mann nicht abhanden gekommen, dann hätte ich das Buch wohl nicht geschrieben, sondern mich mit ihm unterhalten, wie auch die 60 Jahre zuvor. Doch die schwere Demenzkrankheit meines Mannes hat mich auf mich selbst zurückverwiesen und die Arbeit an dem Buch dient sich seines langen Lebens zu vergewissern.

Sie begegneten Menschen wie Ernst Bloch, Richard von Weizäcker oder Loriot. Wer prägte sie besonders?

Durch das edieren der Briefe Thomas Manns lernte ich Katia Mann kennen. Ihre objektive Darstellung der Sachverhalte, ohne zu beschönigen, war faszinierend. Sie prägte auch meine Sicht auf Immigranten: „hinausgeworfen hat man uns, nach ehrenwerten Leben“, sagte sie.

Sie sind Pazifistin, das haben sie mit der Aufnahme von US Deserteuren 1991 bewiesen.

Es war gar keine Frage für uns, diese Flüchtlinge aufzunehmen. Ein schwarzer Mann und eine weiße Frau. Wir machten uns strafbar, aber wussten auch das es nicht den Kopf kosten würde. Ich war schon immer ein engagierter Anwalt der Zivilcourage. Widerstand gegen Missstände muss nur rechtzeitig ausgeübt werden. Es muss nicht immer für eine Sache gestorben werden.INTERVIEW: JV

Inge Jens liest aus ihrem Buch „Unvollständige Erinnerungen“ , 20 Uhr Literaturhaus Hamburg