Früher Vogel, teures Nest

Hoteliers reiben sich schon die Hände: Zimmerpreise für die Fußball-Weltmeisterschaft im nächsten Jahr steigen um bis zu 380 Prozent. Dabei sind die WM-Tickets für 2006 noch nicht einmal vergeben

Von Kai Schöneberg

Das „Side Design Hotel“ in Hamburg spricht „primär den Lifestyle-Traveller und design-orientierten Gast an“. Wer sich in der AOL-Arena eines der vier Vorrundenspiele der Fußball-Weltmeisterschaft im Juni 2006 anschauen will, ist in dem Fünf-Sterne-Palast mit 400 Euro pro Doppelzimmer dabei. Der Edelschuppen hat damit auf seinen normalen Zimmerpreis weltmeisterliche 224 Euro aufgeschlagen.

Kein Einzelfall: Viele Hoteliers versuchen offenbar, aus dem Welt-Event im kommenden Jahr Kapital zu schlagen. Auf der Online-Buchungsplattform HRS bot ein 3-Sterne-Haus aus der Region Hannover seine Zimmer während der WM-Vorrunde für satte 310 Euro an. Klingt nicht nach Frühbucherrabat – und bedeutet eine Preissteigerung von 380 Prozent.

Für die Fans hat die WM eh nicht gut angefangen. Nicht nur, dass statt 2,9 Millionen verfügbarer Tickets nur gut 1,1 Millionen zu Preisen bis zu 600 Euro auf dem freien Markt verfügbar sind. Auch die meisten Unterkunftsmöglichkeiten sind bereits „geblockt“.

Die World Cup Accomodation Services (WCAS), der „offizielle“ WM-Bettenverkäufer der Fifa, hat sich deutschlandweit bereits die Hälfte der in der Gegend um die WM-Stadien verfügbaren Zimmer reservieren lassen, andere Vermarkter wie die HRS sind ebenfalls aktiv. Während die Branche insgesamt für Deutschland mit fünf Millionen zusätzlichen WM-Übernachtungen rechnet, sind im Umkreis um den WM-Spielort Hannover, also zwischen Kassel, Bielefeld, Harz und Bremen, bereits ein Gutteil der 22.000 Hotelbetten nicht mehr auf dem freien Markt verfügbar. Weitere Preissteigerungen dürften die Folge sein.

Normalerweise fängt der frühe Vogel den Wurm. Für die Fans, die sich jetzt schon um ein warmes Nest für die WM kümmern, dürfte die Buchung jedoch ziemlich teuer werden. Tourismus-Vereine wie Hotel- und Gaststättenverband raten deshalb vorsichtig, sich lieber auf dem freien Markt nach Unterkünften umzuschauen.

Die Hotel-Verkäufer sehen das naturgemäß anders. „Wir wollen Deutschland als touristische Destination verkaufen. Dazu gehören auch vernünftige Preise“, sagt Verena von Gehlen vom Fifa-Vermarkter WCAS. Die Kosten der 50.000 durch WCAS angebotenen Betten in ganz Deutschland lägen auf der Basis von 2003 plus einem jährlichen Inflationszuschlag von zwei Prozent. Die Konkurrenz vom Hotel Reservation Service (HRS) hat rund 20.000 Hotelzimmer in allen Preiskategorien geblockt, natürlich nur „zu Vorzugspreisen“. In der WM-Stadt Hannover lägen die durchschnittlichen Preise pro Person zwischen 66 und 108 Euro, in Hamburg zwischen 73 und 125 Euro. Allerdings stellen die Hoteliers ihre Angebote selbst ein: Wucher-Aufschläge scheinen auch weiterhin nicht ausgeschlossen.

Noch gibt es auf dem freien wie auf dem geblockten Markt Kapazitäten. Logisch: Erst im April dieses Jahres steht fest, wer ein WM-Ticket erhält. Und erst im Dezember kommt der „final draw“, die Auslosung der Gruppenteilnehmer.