Klinsmann zählt die Tage

15 Monate vor Beginn der WM handelt die deutsche Mannschaft die WM-Prämien aus und spielt gegen Slowenien

BERLIN taz ■ So sonderlich lange hin ist es ja nun wirklich nicht mehr bis zum großen Fußballfest im eigenen Land, und Zeit wird da naturgemäß zu einem hohen Gut, das nicht unnütz verschwendet werden darf. „Für uns zählt jeder Tag“, hat Joachim Löw, der Republik oberster Fußballassistent, jedenfalls gerade eben bekannt gegeben, schließlich ist die deutsche Fußball-Nationalmannschaft trotz der Bundestrainerwerdung Jürgen Klinsmanns noch keineswegs zum großen Favoriten des Weltturniers mutiert, sondern darbt unvermindert im Niemandsland der Fifa-Weltrangliste, nämlich auf Rang 18 und punktgleich mit Japan. Das mag einerseits verwundern bei dem ganzen Zinnober, der um den Bäckerburschen aus dem Schwabenland so getrieben wird, ist andererseits aber auch noch kein ganzer Beinbruch. Denn, so hat es der Bundes-Grinsmann formuliert: „Der Anfang ist gemacht.“ Und noch ist es reichlich ein Jahr bis zur WM, was bedeutet: „Wir werden viel arbeiten in den kommenden 15 Monaten.“

Da ist es – das nur nebenbei bemerkt – völlig normal und mehr als legitim, dass die Bundeskicker auch ordentlich was verdienen für ihren Dienst am Vaterland. Auch diesbezüglich ist der Anfang gemacht, und was am Ende für jeden Einzelnen rauskommen könnte, ist nicht von schlechtesten Eltern: 300.000 Euro bei Titelgewinn, die Hälfte für Platz zwei, schließlich 100.000 für die Teilnahme am Halbfinale. Bundestrainer Klinsmanns segensreiches Wirken hat sich ganz offensichtlich auch beim Prämienpoker positiv auf die Spieler ausgewirkt, schließlich hat sich der ehemalige Stürmer und Tonnentreter schon zu seinen aktiven Zeiten den nicht eben rühmlichen Ruf eines Abzockers erworben. Andererseits: Große Aufregung darüber lohnt nicht, weil die Chancen, dass Kahn und Kumpanen den Titelbatzen tatsächlich einstreichen, weit unter null liegen. Vielmehr könnte sich nächsten Sommer leicht und schnell herausstellen, dass sich die Klinsmänner ein, um es österlich zu formulieren, ganz schönes Ei ins Nest gelegt haben: Für das Erreichen des Achtelfinales hat der Spielerrat um Kapitän Michael Ballack erstmals nämlich gar nichts ausgehandelt, in Euro: 0,00.

Nur gut, dass dafür wenigstens Freundschaftsspiele künftig mit 7.500 Euro entlohnt werden, zum Beispiel das heutige in Celje gegen Slowenien (20 Uhr im ZDF). Dafür sollen Ballack und Konsorten aber auch so richtig was bieten, nämlich „hohes Tempo“, um damit „den Gegner unter Druck zu setzen und zu Fehlern zu zwingen“, wie Klinsmann es sagt. Der Bundestrainer steht dabei freilich nicht nur vor der Pflichtaufgabe, den sechsten Sieg im neunten Spiel unter seiner Ägide einfahren zu müssen, sondern muss sich auch langsam daranmachen, seinen aufgeblähten Kader allmählich von 36 auf jene 23 Akteure zu reduzieren, die am Ende um den großen Jackpot spielen dürfen. So könnte die Partie am Ostersamstag im Nationalstadion für Frank Baumann und Christian Schulz (Werder Bremen) bereits zu einer letzten Bewährungsprobe werden; auch der Berliner Arne Friedrich konnte bei Klinsmann bislang noch nicht so recht Fuß fassen. Auch an vorderster Front werden sich voraussichtlich ein paar Dinge ändern, was den Leverkusener Oliver Neuville sowie Kölns Lukas Podolski neben Kevin Kuranyi in den Sturm spülen dürfte. In Celje fehlen werden hingegen die Routiniers Wörns (Dortmund), Ernst (Werder) sowie Asamoah (Schalke), denen Klinsmann eine „schöpferische Pause“ gönnt. Was freilich nichts daran ändern soll, dass der Bundestrainer „den Stil nach vorne weiterprägen, formen und verinnerlichen“ will. Schließlich, ahnt Klinsmann, „sind 15 Monate ruckzuck um“. FRANK KETTERER