MIT BIER UND BULETTEN GEGEN NAZIS UND DEMOKRATIE
: Törichte Veranstaltungsblockade

Eigentlich ist die Idee herrlich. Am 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom Faschismus, lädt der Senat von Berlin gemeinsam mit vielen Initiativen zum „Bürgerfest für Demokratie“ rund ums Brandenburger Tor. So wird der Staatsakt im Reichstag mit Leben gefüllt, und die Bevölkerung zeigt, dass das Bild vom „Zusammenbruch“ endgültig verdrängt wurde. Ein schönes Symbol dafür, dass der 8. Mai heute wirklich als ein positiver Neuanfang gesehen wird.

Schade nur, dass so etwas erst geplant wird, seit die NPD angekündigt hat, dass sie am 8. Mai durchs Brandenburger Tor marschieren will. Und dass dieser Plan erst realisiert wird, seit alle Versuche gescheitert sind, das Brandenburger Tor, das eben keine Gedenkstätte ist, zur demonstrationsfreien Zone zu erklären. So ist das Bürgerfest, egal was der Senat erzählt, vor allem ein Blockadeprojekt.

Das mögen viele sympathisch finden, weil es gegen den richtigen Gegner geht. Aber wer diese Logik akzeptiert, hebelt zugleich das Recht auf die freie Wahl des Versammlungsortes aus. Es kann nicht sein, dass eine Kommune, die zu ihrem AKW steht, gegen Greenpeace-Kundgebungen einfach ein „Bürgerfest für Klimaschutz“ aus dem Boden stampft oder eine Garnisonsstadt ihr „Bürgerfest für Frieden in Freiheit“ gegen die geplante Anti-Nato-Demo in Stellung bringt.

Es gibt zwar keine zwingende Regel, dass der Erstanmelder einer Demonstration automatisch den Zuschlag für den gewünschten Ort erhält. Aber letztlich ist dies bei Konflikten wie denen um die NPD-Demonstration am 8. Mai das einzig sinnvolle Prinzip. Sonst würde der Staat in die Rolle eines inhaltlichen Schiedsrichters gedrängt, die er gerade bei Minderheitenrechten wie dem Versammlungsrecht nicht haben kann.

Der Staat hat nun mal nicht das Recht, Demonstrationen zu bewerten und bei Nichtgefallen eine Alternativplanung mit automatischem Vorrang aus dem Hut zu zaubern. Sinn der Versammlungsfreiheit ist, dass auch diejenigen selbstbestimmt demonstrieren können, die von allen andern abgelehnt werden. Auch das ist Demokratie und passt deshalb sehr gut zum 8. Mai. CHRISTIAN RATH