Serbiens Justiz sperrt Konten

Guthaben von 13 mutmaßlichen Kriegsverbrechern eingefroren. Regierungschef Koštunica kündigt bedingungslose Zusammenarbeit mit Haager UN-Tribunal an

BELGRAD taz ■ Spätestens der Fall des kroatischen, wegen Kriegsverbrechen angeklagten Generals, Ante Gotovina, hat vergangene Woche alle Illusionen in Serbien zerstört, was die Zusammenarbeit mit dem UNO-Tribunal in Den Haag angeht. Zagreb konnte oder wollte den flüchtigen General nicht ausfindig machen. Also wurden die Beitrittsverhandlungen Kroatiens mit der EU verschoben.

Vergebens beteuerte die kroatische Regierung, nicht zu wissen, wo sich Gotovina befindet. Wer mutmaßliche Kriegsverbrecher nicht verhaftet und dem Tribunal ausliefert, der kann die EU vorerst vergessen, lautete die klare Botschaft aus Brüssel. Kroatien soll als Musterbeispiel für andere Teilrepubliken Exjugoslawiens dienen. Und wenn das hinsichtlich der europäischen Standards und Integrationsprozesse fortgeschrittene Kroatien die EU nicht milde stimmen konnte, kann Serbien erst recht nicht mit Gnade rechnen.

Also versprach der serbische national-konservative Premier, Vojislav Koštunica, das Katz-und-Maus-Spiel mit dem Tribunal zu beenden. „Nichts“ dürfte die positive Beurteilung der europäischen Durchführbarkeitsstudie für Serbien am 12. April bedrohen. Belgrad werde die „Bedingung aller Bedingungen“, nämlich die bedingungslose Zusammenarbeit mit dem Tribunal, erfüllen, sagte Koštunica.

Dass das bedeutet, die „Volkshelden“ notfalls auch verhaften zu lassen, und nicht zu warten, dass sie sich freiwillig stellen, brachte der dem Tribunal äußerst kritisch gesinnte Koštunica doch nicht über die Lippen.

Statt dessen wurden in Serbien die Bankkonten von dreizehn vom Tribunal steckbrieflich gesuchten Personen gesperrt. Um sich unangenehme Diskussionen im Parlament zu ersparen, das ein entsprechendes Gesetz hätte verabschieden sollen, beschloss das Belgrader Gericht für Kriegsverbrechen diese im Volk unpopuläre Anordnung. Der Gerichtsbeschluss bezieht sich auch auf General Ratko Mladić, und andere bosnische Serben mit Wohnsitz in Serbien.

Kritiker bezeichnen diese Maßnahme jedoch als „lächerlich“, da die Hauptangeklagten beachtliche Einkommensquellen unabhängig von serbischen Banken hätten und ihr Eigentum formal nicht ihnen, sondern Familienangehörigen gehöre.

Die weitere Entwicklung des europäischen Integrationsprozesses Serbiens wird ohnehin von anderen Faktoren abhängen. So müssten der pensionierte Polizeigeneral, Sreten Lukić und Exgeneralstabschef Nebojsa Pavković spätestens bis 12. April verhaftet und an Den Haag überstellt sein. Beide sind wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ im Kosovo angeklagt, leben jedoch unbehelligt in Belgrad und behaupten, schwer erkrankt zu sein. Lukić will sich in der kommenden Woche erst einmal in Belgrad operieren lassen. Und Pavković denkt nicht daran, sich zu stellen. „Nur über meine Leiche“, erklärte Pavković, der sich nicht versteckt und bereit ist, „seine militärische Ehre und Würde“ zu verteidigen. Angeblich seien „viele Patrioten“ des „Nationalen Blocks“ bereit, den General vor dem „serbenfeindlichen“ Tribunal zu verteidigen.

Um vom UNO-Tribunal angeklagte Serben tatsächlich verhaften zu lassen, müsste Premier Koštunica das Abkommen mit den Sozialisten von Slobodan Milošević brechen, von denen seine Minderheitsregierung abhängig ist. Wenn aber die EU-Durchführbarkeitsstudie für Serbien nicht positiv ausfällt, sind die Tage seiner Regierung auch gezählt. Damit könnten sich seine proeuropäischen Koalitionspartner nicht abfinden. Zumal die Regierung lauthals die positive Beurteilung als „die internationale Anerkennung“ der politischen und wirtschaftlichen Reformen in Serbien angekündigt hat. ANDREJ IVANJI