„Freude“, ZDF-Imagebroschüre, Jubiläum beim „Stern“, Nackte
: Beilagen mit Beigeschmack und die Boys vom Baumwall

Liebe taz-Medienredaktion, auch in diesen kritischen Zeiten kommt ab und zu mal Freude auf. Zum Beispiel beim Süddeutschen Verlag (SV). Dort gab man vergangene Woche der Süddeutschen Zeitung (SZ) „Freude“ bei, „eine Verlagsbeilage in der Süddeutschen Zeitung“. Wohlgemerkt „in“. Denn was so gestaltet ist wie das SZ-Magazin, ist wieder mal ein Heft, das von der Verwechslung lebt. „Freude“ ist ein über BMW-Anzeigen finanziertes Heft, das – so der Verantwortliche Martin Siebert – „redaktionell völlig unabhängig ist“.

Logisch. Deswegen hat man ja auch „Journalisten, Publizisten, Wissenschaftler und Künstler gebeten, über das Wesen der Freude nachzudenken“. Freilich ohne den Hintergrund der einseitigen Finanzierung auch nur an einer Stelle zu erwähnen. Das erinnert an die Missetat des Spiegel, der vor kurzem sein Editorial gegen Geld hergegeben hat.

Einzig die aktuelle Kampagne von BMW „Freude“, die mit 8,3 Anzeigenseiten in dem 20 Seiten umfassenden Heft vertreten ist, scheucht das Denken in die richtige Richtung. Zum Dank für den Geldsegen hat Martin Siebert das Wort „Freude“ und dessen Ableitungen sieben Mal in seinem Editorial fallen lassen.

Aber nicht nur in München klingen die Glocken hell, auch in der Hamburger Beilagenbranche durfte man jubeln: Das ZDF hat ein 20-seitiges Supplement produziert und dem Spiegel beilegen lassen. Die Entstehung der Nachrichten wurde von der Höhlenmalerei bis zu Claus Kleber dargelegt und dient dem Zweck, das neue, 30 Millionen Euro teure Studio zu bewerben.

Das wundert nicht nur, weil die Texte den Eindruck machen, als ob Peter Kloeppel sie geschrieben hätte: „Nötig waren ein Lagerfeuer, nasses Gras und eine Decke.“ Das wundert auch, weil man sich fragt, ob die nicht was Besseres mit unsere Gebühren anfangen könnten als eine Broschüre für die Bildungselite, die sich schlicht liest wie Kindernachrichten.

Als hätte ich nicht schon genug Kummer dieser Tage, habe ich diesen Gedanken ZDF-Kommunikationschef Alexander Stock vorgetragen. Zum Glück hatte ich meinen Helm auf.

Immerhin aber bekam Claus Kleber so im Spiegel noch einmal die Gelegenheit, eine Woche nachdem jede Postille das Studio vorgestellt hatte, in einem kleinen Interview die Neuerung zu preisen. Spiegel-Leser brauchen länger.

Weil nicht Kleber Chefredakteur des Blattes wurde, sondern Georg Mascolo und Matthias Müller von Blumencron, waren sie es, die laut meedia.de dieser Tage an den nahen Baumwall eilten, um der Doppelspitze des Stern zu ihrem zehnjährigen Bestehen zu gratulieren.

Schon mal vor Ort, bezeichneten die Spiegel-Männer den Stern dann auch als den „liebsten Konkurrenten“. Das kann ich gut nachvollziehen. Schließlich weiß man am Kiosk nie, wofür man sich entscheiden soll, wenn man mal nach einem Spargelrezept sucht, richtig olle, verbrauchte Cartoons klasse findet, gern mal wieder eine nackte Frau auf dem Titel begrabbeln möchte oder auf der Suche nach dem beknacktesten Editorial ist. Obschon – da wird der Spiegel nie punkten können. Da nützt auch der Kurs „Das bescheuerte Editorial“ an der Akademie für Publizistik nichts.

Damit zurück nach Berlin.