Vermietungen drehen nicht das große Rad

Im Berlin-Tourismus ist das Geschäft mit Mieträdern nur ein Spartensegment: Es gibt gerade mal 14 private Verleiher in der Stadt. Die „Call a Bike“-Räder der Bahn sind ein Verlustgeschäft – und für viele Touristen nicht attraktiv

Das Geschäft mit Fahrradvermietungen macht im touristischen Getriebe der Stadt nur ein kleines Schräubchen aus. Die Zahl der Radverleiher ist mit 14 übersichtlich, auch wenn manche mehrere Läden betreiben. „An einem ganz normalen Sommertag sind 500.000 Radler in der Stadt unterwegs, davon fahren weniger als 5.000 mit einem Mietrad“, sagt Benno Koch, Landesvorsitzender des ADFC. Damit liege der Anteil der Mietfahrten an allen per Rad zurückgelegten Strecken bei unter 1 Prozent.

Zuverlässige Zahlen zum Spartensegment Radvermietung existieren nicht, weil sich private Kleinanbieter das Geschäft teilen. Selbst Berlins Tourismuswerber in Gestalt der Tourismus Marketing GmbH müssen passen. „Wir beobachten aber, dass gerade Jugendliche, die mit einem Billigflieger in die Stadt gekommen sind, hier aufs Mietrad steigen“, sagt Sprecher Gerhard Buchholz. Die Marketinggesellschaft misst der touristischen Erkundung der Stadt per Fahrrad „steigende Bedeutung“ zu. „Maßnahmen wie der Ausbau von Radwegen oder die Erlaubnis, Einbahnstraßen in beide Richtungen zu befahren, haben Berlin für Radfahrer in den letzten Jahren attraktiver gemacht“, sagt Buchholz.

Trotz unbestrittener Fortschritte der Fahrradhauptstadtwerdung Berlins wird sich die Vermietung nicht zum Boomsektor entwickeln. Das liegt an einem ökonomischen Mechanismus. Die Verleiher haben einfach nicht den nötigen Durchlauf, um regelmäßig hochwertige Mieträder als Jahresräder zu verkaufen – was ein wichtiges finanzielles Standbein wäre. „Hier müssten die Radvermietungen von Autovermietungen lernen“, sagt Benno Koch vom ADFC.

Ein Satz, der nicht nur für den Verkauf ehemaligen Mietgeräts gilt: Der ADFC listet auf seiner Internetseite Berlins Radverleiher auf, kaum einer hat sonntags geöffnet. Die Preise liegen um 10 Euro am Tag, die Zahl der bereitgestellten Räder bewegt sich oft im einstelligen Bereich. Die Fahrradstationen (s. Text oben) sind mit 500 Rädern eindeutig Marktführer. Koch macht ein weiteres wichtiges Manko bei Vermietungen aus – ihm fehlt die One-Way-Möglichkeit. „Dass es nicht möglich ist, die Räder am Zielort abzugeben, schließt große Nutzergruppen aus.“

Seit 2002 bringen die silber-roten Räder der Deutschen Bahn Schwung in den hiesigen Mietmarkt. Vergangene Woche hat die Bahn die „Call a Bike“-Saison mit großem Hurra eröffnet und stolz auf inzwischen 1.650 Räder verwiesen, die innerhalb des S-Bahn-Rings telefonisch gebucht werden können. Neben Erfolgsmeldungen – 2004 nutzten 23.000 Kunden das Angebot, 5.000 mehr als im Vorjahr – hat die Bahn aber eines vergessen: Call a Bike ist ein Zuschussgeschäft, das sich das Unternehmen vor allem aus Imagegründen leistet. Es muss den hauseigenen Radverleih subventionieren. Zur Höhe der Verluste schweigt man. Man sei optimistisch, bis 2006 wie geplant schwarze Zahlen zu schreiben, sagt Bahnsprecher Hartmut Sommer.

Eine Zielgruppe fällt für die massiv gebauten Bahnrenner jedenfalls flach: Touristen, die längere Touren mit Mieträdern machen wollen. Die „Call a Bike“-Räder, zu schwer und zu leicht gefedert, sind nur in der Innenstadt nutzbar. „Wer damit 10 Kilometer fährt, fällt erschöpft aus dem Sattel“, so ADFC-Vorsitzender Koch. ULRICH SCHULTE

Radverleih-Liste des ADFC unter www.adfc-berlin.de/?include=included/verleih.php