Pfälzer Intrigantenstadl

Morgen treffen Griechenland und Albanien in der WM-Qualifikation aufeinander. Die Partie ist nicht nur wegen ihrer deutschen Protagonisten schwer vorbelastet

ISTANBUL taz ■ Das Schildchen „Danke fürs Nichtrauchen“ lässt Armand Duka sofort vom Tisch entfernen und durch einen Aschenbecher ersetzten. Der Präsident des albanischen Fußballverbandes ist sauer. Auf die Nationalspieler, weil diese mit 0:2 im Istanbuler Inönü-Stadion gegen die Türkei verloren haben und damit die klammheimlich gehegten Hoffnungen auf eine WM-Teilnahme in Deutschland auf ein Minimum gesunken sind. Doch noch viel mehr ärgert den reichen Multiunternehmer das Verhalten des griechischen Fußballverbandes. Hintergrund: Am 10. März habe der albanische Verband die ihm zustehenden 5 Prozent der Eintrittskarten für das morgige WM-Qualifikationsspiel der beiden Nachbarländer in Piräus angefordert. Doch die Griechen weigern sich mit dem Hinweis, die Albaner hätten noch 7.000 Euro Schulden wegen unbezahlter Tickets von einem Spiel vor vier Jahren. Nun gehen die Karten in den freien Verkauf, Albaner können keine erstehen. Die Fifa wiederum sieht sich für die ganze Angelegenheit nicht zuständig. Konsequenz: Die albanische Delegation wird an dem obligatorischen Essen der Verbände vor dem Spiel nicht teilnehmen. Zudem überlegt man, nur unter Protest anzutreten.

Besonders enttäuscht ist Duka vom griechischen Verbandsboss Vassilis Gagatsis, der weder auf seine Anrufe noch auf mehrere SMS geantwortet habe. „Sie hatten vier Jahre Zeit, warum kommen die Griechen erst jetzt damit?“, fragt Duka. Und: „Wir wären bereit, die Rechnungen zu bezahlen, wenn wir Belege hätten“, versichert er. Inzwischen hat auch Albaniens Ministerpräsident Fatos Nano eine Protestnote an seinen griechischen Amtskollegen Karamanlis geschickt. „Der Stimmung des Spiels tut das Ganze nicht gut“, vermutet Duka nicht ohne Grund. Das Verhältnis der beiden ungleichen Nachbarn ist historisch vorbelastet, was jüngst selbst den Fußball traurig überschattete: Nach ihrem 2:1-Hinspielsieg kamen in Griechenland feiernde Albaner bei Ausschreitungen ums Leben.

Auch Hans-Peter Briegel ist sich dessen bewusst und hofft auf einen friedlichen Ablauf. Auch der deutsche Nationaltrainer der Albaner ist sauer. Hintergrund: Der Pfälzer-Intrigantenstadl reist um die Welt. Während die Begegnung mit seinem Intimfeind Otto Rehhagel, dem Griechen-Trainer, unvermeidlich sein wird, war Briegel „total überrascht“ am Abend vor dem Türkei-Spiel René C. Jäggi, den Boss des FC Kaiserslautern, mit einem türkischen Spielervermittler und vier albanischen Nationalspielern an einem Tisch zu sehen. „Ein Unding“, sagt Briegel. Pikant dabei: Der ehemalige Weltklassespieler schied einst nach einem Streit mit Jäggi als Aufsichtratsmitglied beim FCK aus. Außerdem läuft ein Rechtsstreit zwischen dem FCK und dessen ehemaligem Sportmanager Briegel. Es geht um Schadenersatzforderungen gegen Briegel und Exvizepräsident Ulmer in Höhe von über 500.000 Euro, wegen angeblich illegaler Nettozahlungen beim Wechsel von Ciriaco Sforza 1997. Er habe Jäggi zwar aus Höflichkeit die Hand gegeben, Briegel sagt aber auch: „Der falsche Fuffziger kommt hier rein und macht. als wäre nichts.“

Gestern flog die albanische Mannschaft nach Athen und Briegel dem nächsten Protagonisten der FCK-Ränke entgegen: Otto Rehhagel. Die beiden Männer wechseln kein Wort mehr miteinander, seitdem Sportmanager Briegel den FCK verlassen musste, weil er den damaligen FCK-Trainer Rehhagel kritisiert hatte. Rehhagel verweigerte nach der Niederlage im Hinspiel sogar den Handschlag und tat auch sonst alles, um seinem Intimfeind nicht in die Augen sehen zu müssen.

Es liegt also eine Menge Zündstoff in der Partie von Piräus. Und die von verletzten Eitelkeiten und Starrsinn geprägten Feindschaften aus dem Pfälzer Intrigantenstadl wirken vor der Kulisse der bedrohlichen albanisch-griechischen Fehde ziemlich kindisch. Was auch Briegels unversöhnlicher Schlusssatz verrät. Er sagt: „Es ist vielleicht besser, alle innerhalb von acht Tagen zu sehen und dann hoffentlich zehn Jahre nicht mehr.“

TOBIAS SCHÄCHTER