Keine Reklame für Fluglärm

Die Stadtwerke Neuss wollen nicht für den Ausbau des Flughafens Mönchengladbach werben. Nun droht ihnen eine Klage. Erörtert werden soll das umstrittene Projekt im Stadion der Borussia

VON KLAUS JANSEN

Der Zankapfel ist 25 Zentimeter hoch, 1,80 Meter breit und aus Kunststoff. Es ist ein Aufkleber, der für wenige Tage im Januar die Heckscheibe von 20 Bussen der Stadtwerke Neuss zierte. „Bahn frei für die lange Startbahn“, lautet die Inschrift auf dem blauen Spruchband, das die Stadtwerke hektisch entfernen ließen. Angebracht hatte es der Förderverein des Flughafen Mönchengladbachs – und der möchte nun vor Gericht Schadenersatz für die abgebrochene Werbeaktion erstreiten.

Drei Monate lang wollte der Förderverein für den Ausbau des Regionalflughafens werben. Bis spätestens zum Jahr 2006, so wünscht die Initiative regionaler Unternehmer, soll die Start- und Landebahn von 1.200 auf 2.400 Meter Länge erweitert werden. Weil die Stadt Neuss das aber genauso wenig möchte wie die Anwohner des Flughafens und sämtliche Nachbarstädte Mönchengladbachs, vermutet Förderverein-Sprecher Markus Landgraf hinter dem Entfernen der Aufkleber eine „politische Entscheidung“.

Eine politische Entscheidung? Ganz sicher, sagt Eva Sunderbrink, Sprecherin der Neusser Stadtwerke: „Wir müssen keine Werbung akzeptieren, die den Interessen der Stadt widerspricht.“ Einer möglichen Klage der Flughafen-Befürworter sehen die Stadtwerke gelassen entgegen: Die Werbeflächen ihrer Busse seien an die Deutsche Städte Medien GmbH verpachtet, und die wisse, dass man Werbung ablehnen könne. „Wenn jemand regresspflichtig ist, dann nicht wir“, sagt Sunderbrink.

Die Aufkleber-Posse illustriert, wie verbissen Gegner und Befürworter um den Ausbau des Mönchengladbacher Flughafens streiten. 14.000 Unterschriften gegen die neue Landebahn hat der Verein Airpeace, ein Zusammenschluss regionaler Bürgerinitiativen, bei der Bezirksregierung Düsseldorf eingereicht, bei der zur Zeit das Planfeststellungsverfahren für die Startbahnverlängerung läuft. Der Förderverein, der an die städtischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft angegliedert ist, stellt den Kritikern 5.000 Befürworter entgegen. Die wiederum hoffen, dass ein Ausbau die Wirtschaft in der Region Mönchengladbach ankurbelt. In seinem derzeitigen Zustand ist der Flughafen von Wirtschaftlichkeit weit entfernt: Neben wenigen Chartermaschinen startet von Mönchengladbach momentan lediglich einmal wöchentlich ein Ferienflieger zur Insel Usedom.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat in ihrem Luftverkehrskonzept 2010 zwar kundgetan, dass der Ausbau „nicht favorisiert“ werde, die Opposition von CDU und FDP will das Projekt hingegen forcieren. Der CDU-Landesvorsitzende Jürgen Rüttgers sieht in der Vergrößerung regionaler Flughäfen Potenzial für 3.000 neue Arbeitsplätze, vor allem Billigflieger sollen angelockt werden.

Die Bürgerinitiativen fürchten neben Lärmbelästigung auch Kollisionsgefahr, da die Einflugsschneise von Mönchengladbach die Fluglinien der vom Großflughafen Düsseldorf startenden Maschinen kreuzt. Diese Argumente wollen die Anwohner auch beim für Ende Mai geplanten Erörterungstermin der Bezirksregierung vortragen. Friedhelm Küch vom Verein Airpeace rechnet mit großem Andrang: Mindestens 2.300 Bürger hätten ihr Kommen angekündigt, sagt er. Deshalb fällt auch der Austragungsort für die Erörterung nicht bescheiden aus: „Das wird wahrscheinlich im Mönchengladbacher Fußballstadion stattfinden.“