Stadt der Gegendemo

Mit einem Aktionstag gegen Rechtsextremismus will das niedersächsische Verden zeigen, dass Neonazis in der Minderheit sind. Die demonstrieren am selben Tag gegen die „multikulturelle Ausbeutergesellschaft“

Das Bündnis gegen Rechtsextremismus rechnet mit vielen tausend Menschen

In die Fußgängerzone dürfen sie nicht, die Neonazis, die am kommenden Samstag in Verden demonstrieren wollen gegen die „multikulturelle Ausbeutergesellschaft“. Die Straße zwischen Dom und Rathaus ist von 11 bis 16 Uhr reserviert für Kultur und Diskussion; über 100 Gruppen und Einrichtungen haben sich bereits angemeldet für den „Aktionstag gegen Rechtsextremismus“. „Die Innenstadt wird voll, wir rechnen mit vielen tausend Menschen“, sagt Werner Meincke vom Verdener „Bündnis gegen Rechtsextremismus“. Die Gegenseite glaubt, 500 Gesinnungsgenossen mobilisieren zu können.

Seit Wochen rufen der niedersächsische Landesverband der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ um den Stellvertretenden Vorsitzenden Adolf Dammann und die norddeutschen „Kameradschaften“ um den Neonaziführer Thomas Wulff zu dem Marsch auf. Unter dem Motto „Sozialabbau, Rentenklau, Korruption – Nicht mit uns“ wollen sie sich als „soziale Protestbewegung“ gerieren. Das Feindbild: „Profitgierige Konzerne“ und „korrupte Politiker“, die eine „Politik für Fremde“ betreiben und nicht für das „eigene Volk“, so heißt es im Aufruf.

Wütend ist die NPD auch über das Verhalten von Verdens Bürgermeister Lutz Brockmann. Vor dem Verwaltungsgericht strebt die Partei eine Klage gegen Brockmann an, weil dieser offiziell zur Teilnahme am Aktionstag gegen Rechts aufruft. Brockmann bleibt gelassen. „Mit der Unterstützung tue ich nur, was mein Recht und meine Pflicht ist“, sagt er.

Nicht zum ersten Mal haben es die Verdener mit den Rechtsextremen zu tun. Seit über einem Jahr sind die NPD und Neonazi-Gruppen verstärkt aktiv in der Region Bremen-Verden-Hannover. Dazu gehören Aufmärsche und Infostände, sowie gezielte Störungen von Gegenveranstaltungen (taz berichtete). Mittlerweile räumt der niedersächsische Verfassungsschutz ein, dass sich die Szene in der Region nicht nur festigt, sondern auch größer wird. Längst sind neue so genannte „Kameradschaften“ entstanden, die eng mit der NPD zusammenarbeiten.

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN), Florian Cordes aus Achim, und die Neonazis Jörg Sascha Schüler und Matthias Schulz vom „Heisenhof“ in Dörverden bei Verden versuchen, durch das Verteilen von Flugblättern, CDs und Zeitungen vor Schulen gezielt Jugendliche anzusprechen. Der „Heisenhof“, den der Neonazianwalt Jürgen Rieger verwaltet, dient ihnen als Zentrum.

Noch ist rechtlich ungeklärt, ob das ehemalige Bundeswehr-Areal samt Gebäuden überhaupt zivil genutzt werden darf. Über baurechtliche Beanstandungen versucht der Landkreis Verden das Bewohnen der vier Gebäude, das Abstellen von Militärfahrzeugen auf dem Gelände sowie die Nutzung für Tagungen und Fruchtbarkeitsforschungen zu unterbinden. Endgültige Entscheidungen der Gerichte stehen noch aus.Andreas Speit

Demonstration gegen den Verdener Nazi-Aufmarsch: 2. April, 11.30 ab Sportplatz des Gymnasiums am Wall