2000 Anschläge ■ von Katrin Rabus
: Mehr Transparenz und Fachlichkeit in der Kulturförderung

Die Bewerbung zur Kulturhauptstadt ist gescheitert, und dies hat – auch wenn es die Verantwortlichen nicht gerne hören – auch mit dem Konzept zu tun. Es wäre fatal, wenn man ohne Innehalten und Reflexion weitermachen würde wie bisher.

In einer Stadt, die von Sozialabbau, Arbeitslosigkeit und Defiziten in der schulischen Bildung (PISA) geprägt ist, kann Kultur nicht nur mit Glanz und Gloria daherkommen oder die heile Welt des Spiels repräsentieren. Die Konfrontation „Kultur gegen Kita“ glaubten wir in Bremen überwunden. Die Tatsache, dass dies wieder diskutiert werden muss, wirft die Frage auf, ob das Bewerbungskonzept nicht Wesentliches – auch im öffentlichen Kommunikationsprozess – versäumt hat. „Ambitionierte Popularität“ bleibt an der Oberfläche.

Die Gesellschaft ist in sozialen und demographischen Umbrüchen – die wirtschaftliche Situation verunsichert die Menschen. Die wesentliche Frage lautet: Wie kann Kultur sich in diesen Prozess der Veränderung einbringen? Ist sie Hilfe im sozialen Transformationsprozess oder nur Stadtreparaturfonds? Wird Kultur für neoliberale Modernisierungsziele instrumentalisiert? Inwieweit ist sie in Bremen schon selbst ein Teil davon? Der erste Masterplan ist zu Recht auf schärfste Kritik gestoßen.

Kultur muss sein, sie braucht keine neuen Begründungen, sondern ernsthafte Umsetzung: Kunst und Kultur liefern eine andere Sicht der Dinge, sie suchen in ihrer sinnlichen Vermittlung der Welt eine nur ihnen eigene künstlerische Form. Öffentliche Förderung soll dies auf verlässlichem Niveau sichern. Aufgabe muss sein – und daher ist kulturelle Bildung so wichtig –, ihre künstlerische Sicht auf die Welt verständlich und allgemein und allen zugänglich zu machen. Um diese Form auf einem verlässlichen Niveau zu erhalten, brauchen Künstler Betriebsstrukturen und Geldmittel.

Nur wenn die Menschen individuell an diesen Erfahrungen teilhaben, diese Gegebenheiten garantiert sind, kann Kunst und Kultur in andere Bereiche der Gesellschaft wirken.

Handelskammer bleibt Handelskammer, Universität bleibt Universität, sie sind nicht Teil der Künste, sondern im Dialog mit ihnen. Der erweiterte Kulturbegriff befruchtet. Er muss sich vor allem auf Bildung und Soziales erstrecken. Kultur und Bildung haben ihren Eigenwert. Stadtmarketing, Tourismus und Sponsoren profitieren von der Förderung der Kultur. Nicht umgekehrt.

Wie sollen die knappen Mittel in Bremen in Zukunft verteilt werden?

Ein Blick nach Niedersachsen zeigt, wie man es machen kann. Im Gegensatz zum Vergabeverfahren bei der Kulturhauptstadtbewerbung entscheiden dort Fachkommissionen über die Projekte. Die Kriterien liegen offen. Transparenz und Fachlichkeit gehen also der politischen Absicherung voraus. Klar definierte und vermittelte Ziele dienen langfristig der Qualität und der Akzeptanz beim Publikum.

Bremen braucht eine grundständige Kulturförderung von Institutionen und Künstlern einschließlich der kulturellen Bildung. Institutionen sollten über ihre Projekte selbst entscheiden. Projekte sollten durch Fachjurys bewilligt werden. Voraussetzung für diese klare Aufgabenstellung wäre eine neue Kulturbehörde mit dem Ziel, vorrangiger und kompetenter Ansprechpartner für die Akteure und die Politik zu sein und die Mittel nach Sachkriterien zu vergeben.

Das Projektteam Kulturhauptstadtbewerbung hat seine Aufgabe beendet. Das Weltspiel sollte beendet werden. Den Zielen des Weltspiels werden viele Bremer Kultureinrichtungen auch jetzt schon gerecht. Statt auf neue Festivals sollte sich Kulturarbeit auf den sozialen Transformationsprozess konzentrieren.