Teuer, hässlich, sinnlos

Das Statistische Landesamt soll gezwungen werden, aus Bahnhofsnähe in die abgelegene Hemelinger Funkschneise zu ziehen. Grund: Der Innensenator hat dort ein teures Objekt langfristig angemietet – in das aber niemand will

bremen taz ■ Der Innensenator hat ein Problem: Für Leerstand in der Funkschneise muss er monatlich rund 45.000 Euro zahlen. Zwar ist die Zulassungsstelle dort ausgezogen, doch läuft der unkündbare Mietvertrag bis Oktober 2013. Das kostet 5,17 Millionen Euro – und drückt. Denn seit die McKinsey Unternehmensberater dem Land vor acht Jahren rieten, sich zu verhalten wie ein privater Unternehmer, schlagen Mietkosten nicht wie früher beim Finanzsenator zu Buche – sondern im Budget des jeweiligen Ressorts. Die Frage, wer warum so einen Mietvertrag für das Gebäude Funkschneise abschloss und wieso man dennoch die Zulassungsstelle ausziehen ließ – die wird auch heute im Bremer Senat nicht gestellt.

Die Problemanalyse läuft anders: Irgendjemand muss zum Umzug gezwungen werden. Da ist das Statistische Landesamt (StaLa) das erste Opfer des Senators – ohne fachlichen Grund, im Gegenteil: Die bahnhofsnahe Lage „An der Weide“ ist für die Rolle des Wahlamtes, die die Mitarbeiter des Statistischen Landesamtes alle Jahre wieder spielen, sogar viel besser als die abgelegene Adresse in Hemelingen. Und falls das Bremer Statistische Landesamt einmal mit dem in Niedersachsen fusionieren sollte, wäre die Bahnhofsnähe auch ein Pluspunkt. Doch das ist nun alles egal, „zumal mit einer kurzen Realisierung einer Fusion derzeit nicht zu rechnen ist“, so heißt es wörtlich in der Beschlussvorlage des Innensenators.

Einziger Gesichtspunkt sind die Kosten: Die Immobilie am Bahnhof könnte man verkaufen. Die städtische Gesellschaft für Bremer Immobilien GBI „kalkuliert einen Verkaufserlös des Gebäudes in Höhe von ca. 2 Millionen Euro“, schreibt das Innenressort in seiner Begründung – als Argument für den Umzug. Das alte Domizil des StaLa, das für seine Zwecke gerade für 1,6 Millionen Euro renoviert und verkabelt wurde, spielt keine Rolle. Zusätzlich 500.000 Euro soll der Umzug kosten, rund zwei Millionen Euro wären damit schon weg. Kaufmännisch gesehen.

Man könnte auch die erzielbaren Zins-Ersparnisse bei einem Verkaufserlös von zwei Millionen Euro ausrechnen – rund 8.000 Euro im Monat. Die Miete in der Funkschneise ist also viermal so hoch wie der rechnerische Kostenvorteil beim Verkauf des alten Domizils, wenn er nicht mit Umzugs- und Renovierungskosten verrechnet würde.

Da das Statistische Landesamt partout nicht umziehen will und es dafür auch kein stichhaltiges fachliches Argument gibt, beschloss der Senat im vergangenen Sommer zu prüfen, ob das Gewerbeaufsichtsamt in die Funkschneise umziehen könnte. Fazit der Prüferei: „Keine bremische Dienststelle benötigt derartige Räumlichkeiten“, für keine Dienststelle würde der Umzug in die Funkschneise eine „wirtschaftliche Lösung darstellen“. Die Frage läge nahe, warum denn dieser Mietvertrag – mit einer Laufzeit von bald 20 Jahren – zu diesen Konditionen abgeschlossen wurde. Ganz einfach: Der Vermieter sollte die Umbaukosten übernehmen und auf die Miete umlegen. Deswegen gibt es keine Kündigungsklausel. Das macht aber nur Sinn, wenn man ein paar Jahre wohnen bleibt.

Nutznießer von dem schönen Vertrag ist derzeit übrigens die RSE – das ist die Immobiliengesellschaft, die die Anteile der Wohnungsbaugesellschaft „Bremische“ kurzzeitig übernommen hatte, dann mit der WCM fusionierte und die Bremische schließlich an den Investmentfonds der US-Gesellschaft Blackstone weiter verkaufte.

Wenn die SPD-Fraktion nicht die Notbremse gezogen hätte, wäre der Umzug des Statistischen Landesamtes im Senat am 22. März vermutlich so durchgegangen. kawe