Der Rathausbau zu Ratingen

Bürger sammeln Unterschriften gegen drohenden Rathaus-Neubau in Ratingen. Falls konservative Mehrheit im Stadtrat für den Abriss votiert, soll ein Bürgerentscheid das Millionen-Projekt stoppen

VON MARTIN TEIGELER

Der Rathausbau zu Ratingen spaltet die rheinisch-bergische Kleinstadt. Kommunalpolitiker und Bürger streiten, ob das erste Gebäude der Kommune modernisiert oder abgerissen werden soll. „Wir planen zweigleisig“, sagt Baudezernent Ulf-Roman Netzel. Im April könne das Stadtparlament entscheiden, ob das Rathaus für knapp 13 Millionen Euro saniert oder ob für rund 18,45 Millionen Euro ein neues Domizil errichtet werden soll.

Das rund 30 Jahre alte Rathaus gilt nicht als bauliches Meisterwerk, aber ob man es in Zeiten knapper Kassen teuer abreißen sollte? „Über die Schönheit des Rathauses kann man streiten, es ist aber ein Musterbeispiel für die Architektur der 70er Jahre“, kritisierte Grünen-Fraktionschefin Susanne Stocks die „Wegwerfmentalität“ in Ratingen.

Bei der Kommunalwahl im vergangenen Herbst waren die politischen Verhältnisse in der 90.000-Einwohner-Stadt zum Tanzen gebracht worden. Die Konservativen zerlegten sich vor der Wahl selbst und zerbrachen in die offizielle CDU und eine Ersatz-CDU, die so genannte „Bürgerunion“ (BU). Der damals CDU-dominierten Stadtverwaltung warfen die konservativen Rebellen im Wahlkampf Misswirtschaft vor. Mit Erfolg: BU-Kandidat Harald Birkenkamp wurde zum Bürgermeister gewählt.

Jetzt muss sich der neue Rathauschef selbst Inkompetenz und Wählerverrat vorwerfen lassen. „Birkenkamp und seine Surrogat-Union haben ihre Wahlversprechen gebrochen“, sagt der linke Stadtrat Manfred Evers. Im Wahlkampf habe sich die BU noch für eine Sanierung des Verwaltungsgebäudes ausgesprochen. Die Bürgerunion verteidigt indes die Abriss-Pläne. „Während die Kosten einer Sanierung unkalkulierbar sind, können wir beim Neubau einen pauschalen Festpreis fordern“, sagte BU-Boss Lothar Diehl in einem Interview mit dem Ratinger Wochenblatt. Ausgerechnet die offizielle CDU könnte der Bürgerunion im Rat zu einer Abriss-Mehrheit verhelfen. Trotz interner Widerstände wird eher ein Neubau favorisiert. Eine bunte Allianz von FDP, Grünen und Ratinger Linken sammelt derweil bereits Unterschriften gegen den Bau von „Haus Birkenkamp“ (so Stadtrat Manfred Evers).

„Wir sind sicher, die erforderlichen 6.000 Unterschriften für das Bürgerbegehren zu erreichen“, sagt FDP-Fraktionschef Horst Becker. Falls der Rat am 12. April mit den Stimmen von CDU und Bürgerunion für einen Neubau stimmt, könnte es zu einem Bürgerentscheid kommen. Für den Fall, dass die Abriss-Pläne verhindert werden können, hat Oppositionssprecher Evers auch schon Ideen, wie das eingesparte Geld ausgegeben werden könnte: Für die Sanierung von Schulen und Sportstätten sowie für eine neue Feuerwache. Weniger präzise klingen die Vorstellungen der Stadt, wohin die städtischen Mitarbeiter im Falle eines Abrisses oder einer Sanierung ausweichen sollen. Baudezernent Netzel zur taz: Darüber habe man sich bislang „noch keine wirklichen Gedanken“ gemacht.