Düsseldorf duscht seine Straßen

In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt greift ein Aktionsplan gegen die Feinstäube in der Luft. Umweltverbände haben gegen den Widerstand der CDU mehr Grün, weniger Lkws und erdgasbetriebene Busse durchgesetzt. Das ist einzigartig

VON ANNIKA JOERES

Düsseldorf kann aufatmen: Wenn voraussichtlich noch in dieser Woche die zulässige Feinstaubbelastung in der Innenstadt überschritten wird, tritt in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt ein dreistufiger Aktionsplan in Kraft. Damit ist Düsseldorf deutschlandweit die einzige Kommune, die Sofortmaßnahmen für eine bessere Luft ergreift.

Der Plan betrifft vor allem die Corneliusstraße, eine typische sechsspurige Einfallstraße in die Innenstadt. Zunächst einmal wird die Straße geduscht – jeden Werktag soll sie nass gereinigt werden. Lkws über 2,8 Tonnen dürfen gar nicht mehr passieren, alle anderen Laster nur, wenn sie eine direkte Lieferadresse angeben können.

Die zweite Stufe ist schon drastischer: Dieselfahrzeuge ohne Partikelfilter haben Fahrverbot, Paketanlieferer sollen an so genannten Servicepoints ihre Ware abgeben können. In Stufe drei können weitere AnwohnerInnen aufatmen: Dann wird das Fahrverbot auf die Südstadt ausgedehnt, die Busse im ÖPNV sollen nur noch mit Erdgas fahren, Straßen stärker begrünt werden.

Das bundesweit einmalige Paket wurde allerdings von AnwohnerInnen und Umweltverbänden hart erkämpft: Nur weil sie mit Klagen vor dem Oberverwaltungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof drohten, gab Oberbürgermeister Joachim Erwin klein bei. Der CDUler sagte noch vor zwei Wochen, ihn interessierten keine Feinstäube, sondern Arbeitsplätze. Und für diese müsse der Verkehr flutschen.

Der Oberbürgermeister legte sich dafür auch mit dem Düsseldorfer Regierungspräsidenten Jürgen Büssow (SPD) an; seine Behörde ist für die Einhaltung der Grenzwerte zuständig. Der bekennende Autofan Erwin regiert die Stadt mit den landesweit schlechtesten Luftwerten. Doch die ursprünglich geplanten Gegenmaßnahmen der Stadt beschränkten sich auf neue Ampelschaltungen und bessere Beschilderungen. Sie sollten den Verkehr flüssiger machen. Vor einer Woche kam Erwins 180-Grad-Wende: Er stimmte Büssows Aktionsplan zu.

„Wir können jetzt erreichen, wofür wir seit 25 Jahren kämpfen“, sagt Werner Reh, Verkehrsexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in NRW. Die angedrohten Klagen würden jetzt endlich Bewegung in die Städte bringen. Er ist sehr zufrieden mit den Düsseldorfer Ergebnissen, der BUND wird nun nicht mehr vor Gericht ziehen. „Diese können bundesweit Vorbild sein“, sagt Reh.

Der Städtetag stehe hinter den Forderungen, selbst die Industrie- und Handelskammer wäre dafür. „Sie fürchten sich vor einer Klage auf ein generelles Fahrverbot“, glaubt Reh. Wichtig ist den UmweltschützerInnen, dass der Verkehr nicht einfach nur umgeleitet wird. Reh: „Sobald wir merken, dass andere Stadtteile nun unter mehr Verkehr leiden, klagen wir doch.“

Die Bezirksregierungen sind deutschlandweit angewiesen, auf die Einhaltung der seit Januar gültigen EU-Richtlinie zu pochen. Diese schreibt ein Jahreslimit für Feinstäube vor. „Die Städte müssen unsere Vorgaben ausführen, sie haben kaum Spielraum“, sagt Bernd Hamacher, Sprecher der Düsseldorfer Bezirksregierung. Allerdings sei ein Einvernehmen „absolut wünschenswert“, weil die Kommunen dann nämlich vor Ort beispielsweise Fahrverbote durchsetzen müssten.

In Nordrhein-Westfalen sehen bundesweit die meisten Kommunen dem Gesetzesverstoß ins Auge: Neben Düsseldorf drohen auch Duisburg, Essen und Dortmund die Grenze von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter zu überschreiten. Sie wollen nun den Aktionsplan aus Düsseldorf „prüfen“.