Ohne Abi bleibt nur der Park

Der jüngste Arbeitsmarktbericht offenbart einen drastischen Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit in Köln. Mangels Arbeit und Ausbildungsstellen werden viele demnächst in Ein-Euro-Jobs landen

VON SUSANNE GANNOTT

Trübe Aussichten für die Kölner Jugend: 6.268 oder 12,2 Prozent aller Kölner unter 25 Jahren sind arbeitslos – sage und schreibe ein Drittel mehr als im Vorjahr. Mindestens 1.000 von ihnen werden demnächst von der Kölner Arbeitsgemeinschaft von Stadt und Arbeitsagentur (ARGE) in „Arbeitsgelegenheiten“ gesteckt, sprich: in Ein-Euro-Jobs. Das ist Teil des Plans, mit dem ARGE und Kölner Arbeitsagentur die Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen wollen. Diese Aufgabe erklärte Agenturchef Welters gestern anlässlich der Vorstellung des neuen Arbeitsmarktberichts zur „obersten Priorität“.

Tatsächlich stehen Agentur und ARGE unter Zugzwang. Zwar sei der Anstieg der Zahlen vor allem ein statistischer Effekt als Folge von Hartz IV, sagt Ingeborg Hans, stellvertretende Geschäftsführerin der ARGE; durch das neue Gesetz werden seit 1. Januar auch die Kinder von Arbeitslosengeld-II-Empfängern als arbeitslos gezählt – sofern sie über 15 Jahre alt sind, zu Hause leben und nicht mehr in die Schule gehen. Das neue Gesetz aber verpflichtet die Behörden, denjenigen Arbeitslosen unter 25 Jahren, die ALG II bekommen, eine Beschäftigung anzubieten. In Köln sind das immerhin 3.480 (55,5 Prozent) der über 6.000.

Für sie muss die ARGE nun dringend etwas finden, sei es Arbeit oder Ausbildung, Weiterbildung, Trainings – oder eben eine „Arbeitsgelegenheit“. Und so versprach Welters gestern: „Ab sofort erhält jeder Jugendliche ein individuelles Angebot.“ Angesichts der derzeitigen Arbeitsmarkt- und Ausbildungslage ist allerdings klar: eine „richtige“ Arbeit oder Ausbildungsstelle wird es nur für wenige geben.

Tatsächlich will die ARGE neben den 1.000 Ein-Euro-Jobs, die laut Hans vor allem „arbeitsmarktfernen“ Jugendlichen angeboten werden sollen, auch ihre „Sprungbrett“-Maßnahmen ausbauen: von derzeit 700 auf ebenfalls rund 1.000. Beim „Sprungbrett“ sollen sich Jugendliche in speziellen „Arbeitsgelegenheiten“ orientieren, welche Ausbildungswege für sie in Frage kommen. Das dritte Standbein des ARGE-Plans gegen Jugendarbeitslosigkeit sind ebenfalls 1.000 Plätze in Qualifizierungen und berufsvorbereitenden Maßnahmen. Hier solle die „Ausbildungsfähigkeit“ hergestellt werden, erklärt Hans, etwa indem nachträglich der Hauptschulabschluss gemacht wird.

„Gute Rezepte sind das nicht“, beurteilt Wittich Rossmann den ARGE-Plan. Für den Kölner IG-Metall-Mann und Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses der Arbeitsagentur müssten eigentlich mindestens zwei Drittel der Jugendlichen in Ausbildung vermittelt werden. „Aber das ist leider eine Illusion.“ Im Metallbereich etwa sei man schon froh, wenn die Zahl der Ausbildungsstellen nicht noch weiter absinke, so Rossmann. Tatsächlich wurden der Arbeitsagentur seit Oktober insgesamt 4.886 Ausbildungsstellen gemeldet – 2,9 Prozent weniger als im Vorjahr.

Für Jugendliche ohne guten Schulabschluss kommt laut Rossmann erschwerend hinzu, dass die Anforderungen der Firmen an ihre Azubis immer höher werden. Im Metall-Elektro-Bereich etwa nähmen die Firmen „eigentlich nur noch Abiturienten“. Die Folge: Wer schlecht in der Schule war und aus einem bildungsfernen Milieu kommt, hat „kaum noch Chancen“ auf eine Ausbildung, so Rossmann. Ob solchen Jugendlichen mit Ein-Euro-Jobs geholfen ist? „Man muss erst mal sehen, was das für Jobs sind“, sagt Rossmann, aber dass „eine gärtnerische Zwangsarbeit im Stadtgarten sinnvoll ist, darf bezweifelt werden.“