Polizei kriegt Technik

Bei der Polizei enden die 70er-Jahre: Der neue Zentralcomputer ist nach fünf Jahren Probe online

Um genau 23.33 Uhr in der Nacht zum Donnerstag hat Poliks (Polizeiliches Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung), der neue Zentralcomputer der Berliner Polizei, den Betrieb aufgenommen. Er löst das bisherige, Mitte der 70er-Jahre installierte und inzwischen überalterte „Informationssystem Verbrechensbekämpfung“ (ISVB) ab. Circa 20 Millionen Datensätze, darunter etwa 7 Millionen Personendatensätze, wurden über die Osterfeiertage vom ISVB auf Poliks übertragen. Künftig sollen Berlins Polizisten damit Personalien von Tätern, Tatumstände und Zeugenaussagen gleich in einem Arbeitsgang eingeben und bearbeiten können.

Auch unmittelbar vor Ort sollen die Beamten und Beamtinnen ihre Ermittlungen in Laptops oder Notebooks aufnehmen und anschließend auf ihren Dienststellen in das Zentralsystem überspielen können. Die beim ISVB häufig notwendige Doppelerfassung entfällt damit. Zudem ist Poliks direkt mit dem Rechner des Bundeskriminalamtes (BKA), dem Ausländerzentralregister, dem Kraftfahrtbundesamt und weiteren Behördenrechnern verbunden.

Für Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat damit „ein neues Informationszeitalter für die Berliner Polizei begonnen“. Zudem bringe das knapp 73 Millionen Euro teure System durch seine vielfältigen Möglichkeiten auch „mehr Bürgerfreundlichkeit“. Seit Anfang 2000 wurde daran gearbeitet, im September 2004 begann der Probebetrieb. Ursprünglich sollte Poliks schon im Januar 2004 an den Start gehen. Doch hausgemachte technische Schwierigkeiten, Finanzprobleme und nicht zuletzt die Stümperei beim Aufbau des neuen Inpol-Zentralcomputers beim BKA in Wiesbaden hatten das Projekt immer wieder verzögert.

Nun ist es also so weit. Rund 8.200 PC-Arbeitsplätze für die etwa 15.000 Berliner Polizisten und Polizistinnen sind bereits installiert, am Ende sollen es 10.000 sein – vor drei Jahren waren es lediglich 900. Polizeipräsident Dieter Glietsch nennt Poliks denn auch ein „zukunftsfähiges System“, das zudem „Personalressourcen freigesetzt“ habe.

Aus den Kreisen der Kriminalpolizei ist die Anfangskritik weitgehend verstummt. Lutz Hansen, Berliner Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), nennt das System „sachbearbeiterfreundlich“ und lobt besonders, dass bei Ermittlungen nun auch direkte Mittäterabfragen möglich seien. Im Gegensatz zu solcher „Informationsfreudigkeit“ stehe indes ein erheblich höherer Eingabeaufwand. Bei Großverfahren der Wirtschaftskriminalität sei dies sicherlich gerechtfertigt, für das „polizeiliche Massengeschäft“ hingegen zu kompliziert und aufwendig.

Bis zum Jahresende soll das ISVB zusätzlich zu Poliks denn auch am Netz bleiben. Wird es dann abgeschaltet, kommt der kritischste Moment: die so genannte „Big-Bang-Situation“. Schief gehen darf dann nichts mehr, denn spätestens nach 48 Stunden ist ein Zurückschalten auf das alte System nicht mehr möglich. OTTO DIEDERICHS