Summende Eintagsfliege

Die Griechen gewinnen in Athen mit 2:0 gegen Albanien, rücken damit der WM in Deutschland wieder ein Stück näher und glauben immer noch, dass Otto Rehhagel ein guter Trainer ist

AUS ATHEN TOBIAS SCHÄCHTER

Hört man den besten Fußballern Griechenlands zu, wenn sie über ihren Trainer reden, dann hat man das Gefühl, der Meister stünde direkt neben ihnen und flüstere ihnen die Merksätze aus seiner reich gefüllten Schatulle mit ottokratischen Weisheiten direkt ins Ohr. „Im Fußball zählt nur die Effizienz“, ist so ein Satz mit dem Otto-Gen. Gesagt von einem schwitzenden Stelios Giannakopoulos direkt nach dem 2:0-Sieg in der WM-Qualifikation am Mittwochabend in Piräus gegen Albanien, der das Rehhagel’sche Diktum „Modern ist, wer gewinnt“ nur leicht variierte. Oder Angelos Charisteas, der ehemalige Bremer, der Griechenland nach 33 Minuten in Führung köpfte und das bemerkenswert schlichte Fazit zog: „Den Unterschied zwischen den beiden Mannschaften hat man auf dem Platz gesehen.“

Von Trainer Otto Rehhagel ist bekannt, dass für ihn sogar nichts anderes als die Wahrheit auf dem Platz liegt. Die Sensationseuropameister aus Portugal wissen, wem sie den größten Erfolg ihres Fußballerlebens zu verdanken haben, und dies erklärt Huldigungen wie die von Giannakopoulos, der Rehhagel am Mittwoch mit den Worten schmeichelte: „Er hat uns den Wind des europäischen Fußballs eingehaucht.“

So etwas hört der große Otto, der zwischen den Zeilen keine Zweifel daran aufkommen lässt, wer auch am Mittwoch wieder für den Sieg hauptverantwortlich war, natürlich gerne. „Wir wollten mit Verstand und Geduld Druck machen“, konstatierte er noch kontrolliert defensiv, ehe er eindeutiger klarstellte: „Ich habe gesagt: wir wollen 70 zu 30 Prozent der Spielanteile herstellen. Am Ende waren es sogar 80 zu 20.“ Dabei schloss er bedeutungsschwer die Augen und erklärte: „Es ist wichtig, dass wir noch im Rennen sind.“

Der große Rehhakles ist mit Griechenland wieder in die Erfolgsspur zurückgekehrt. Die Hoffnungen auf eine WM-Teilnahme 2006 in Deutschland blühen wieder unter der Akropolis. Auf dem zu Relegationsspielen berechtigenden Platz zwei stehen die Hellenen nun mit 14 Punkten, nur drei Punkte hinter den führenden Ukrainern und zwei vor der Türkei. „Der Weg nach Deutschland führt über Konstantinopel“, titelte denn gestern auch die Sportzeitung Filath Los. Anfang Juni kommt es in Konstantinopel, wie die Griechen Istanbul immer noch nennen, zu dem Duell gegen die Türkei, bevor drei Tage danach Spitzenreiter Ukraine nach Piräus muss.

Das frühzeitige Verschwinden unter dem Staub der Annalen, das dem frisch gebackenen Europameister nach einem Fehlstart in der Qualifikation drohte, scheint abgewendet. Die vermeintliche Eintagsfliege summt wieder. Und Griechenland spielt weiter so Fußball, wie man es aus Portugal kennt: unspektakulär – aber erfolgreich. Die Mannen um Kapitän Theodoros Zagorakis fuhren gegen schwache Albanier zum Rückrundenauftakt den vierten Sieg hintereinander ein, für Rehhagel war es der 25. im 44 Spiel. Damit ist der 2004 als erster Ausländer zum Griechen des Jahres gewählte Trainer Rekordhalter des Landes. Und Rehhagel wird natürlich nie müde, seine Verdienste auch hervorzuheben. Auf einer Pressekonferenz einen Tag vor dem Spiel erzählte er auch ungefragt die Anekdote, dass er neulich mit dem Präsidenten des Fußballverbandes zusammen saß, und Vessilis Gagaktis ihm sagte, dass man vor der Amtszeit Rehhagels kaum mehr als 10.000 Karten vor einem Länderspiel verkauft habe. „Heute könnten wir jedes Mal das Olympiastadion füllen“, jubilierte Rehhagel. Seiner Mannschaft wiederum habe er gesagt: „Jungs, das müsst ihr festhalten.“

Für die Albaner und ihren Trainer Hans-Peter Briegel hingegen sind die nach dem 2:1-Triumph zum Auftakt gegen Griechenland klammheimlich gehegten WM-Träume nun vorzeitig beendet. Rehhagel, der noch beim Hinspiel seinem Intimfeind Briegel den Handschlag verweigerte, klatschte diesmal im Vorbeigehen die ausgestreckte Hand Briegels ab, als dieser nach dem Spiel auf den feiernden Griechentrainer am Spielereingang wartete. Es war, als klatschte ein Baseballprofi beim Einlaufen eine Cheerleader ab. Die beiden Männer sprechen kein Wort mehr miteinander, seitdem der Manager Briegel den 1. FC Kaiserslautern vor knapp acht Jahren nach einem Streit mit dem damaligen Trainer Rehhagel verlassen musste. Nach der brisanten Partie der beiden Nachbarländer, deren Verhältnis historisch belastet ist, kam es nicht – wie befürchtet – zu größeren Ausschreitungen.