forschungsobjekte
: Alles normal, nichts Besonderes

Lenin musste dran glauben, Einstein ist es widerfahren, und zuletzt, im Jahre 2002, sorgte der Fall Ulrike Meinhof für Schlagzeilen. Alle drei teilen das postmortale Schicksal, dass ihr Gehirn auf dem Seziertisch von Hirnforschern landete, die meinten dort nach dem Besonderen suchen zu müssen. Jetzt kann der Liste noch ein berühmter Name hinzugefügt werden: Carl Friedrich Gauß, gestorben am 23. Februar 1855 zu Göttingen. Das berühmte Genie hat nicht nur die Mathematik nachhaltig beeinflusst, er betätigte sich auch in den Fachgebieten der Astronomie, Physik, Geophysik und Geodäsie. Schon damals, vor 150 Jahren, waren seine Gelehrtenkollegen an den Hirnwindungen des Mathe-Genies interessiert. Der Physiologe Rudolf Wagner entnahm damals dem toten Gauß das Gehirn und untersuchte es nach Auffälligkeiten, jedoch ohne Erfolg. Seitdem schlummerte es eingelegt in einem Glas mit einer Weingeistlösung in der Göttinger Universität. Bis vor sieben Jahren, wie jetzt, wohl anlässlich des 150. Gauß’schen Todestags, nachträglich von Jens Frehm, Professor am Göttinger Max-Planck-Institut für Physikalische Chemie, bekannt gegeben wurde. Der Gehirn musste neu konserviert werden. Frehm nutzte diese Gelegenheit, es mit Hilfe eines Magnetresonanztomografen nochmals zu untersuchen. Angeblich ging es nur darum, die Daten zu sichern. „Mit viel Ehrfurcht“ will Frehm vor dem Gehirn gestanden haben. Aus diesem Grund fand wohl die ganze Aktion auch sorgsam abgeschirmt von der Öffentlichkeit statt. WOLFGANG LÖHR