Der Tod von Terri Schiavo ist erst der Beginn einer grossen Debatte
: Gefahr für Justiz und Demokratie

Terri Schiavo ist tot. So vorhersehbar diese Nachricht seit Tagen war, und unabhängig davon, welche Position man eingenommen hatte in dem Streit zwischen ihrem Ehemann, der das Ende der künstlichen Ernährung erstritten hatte, und ihren Eltern, die ihren Tod verhindern wollten, so sehr hinterlässt ihr Tod doch ein flaues Gefühl davon, was im „Fall Schiavo“ alles falsch gelaufen ist. Nicht zuletzt die extreme Politisierung des Schicksals der Wachkoma-Patientin und das enorme Interesse der Medien haben dazu beigetragen, dass ein Sterben in Würde ihr verwehrt blieb. Sie war eben nicht diejenige, die über die Umstände ihres Sterbens bestimmen konnte. Stattdessen haben ihr Ehemann, ihre Eltern, Anwälte, Richter, religiöse Fanatiker und nicht zuletzt Politiker öffentlich und geradezu hasserfüllt über ihre Existenz gestritten.

Was sich in Florida abgespielt hat, ist eine menschliche Tragödie – die auch das politische Szenario in den USA verändert hat. Die republikanische Partei, so haben es traditionelle Republikaner in den vergangenen Tagen konsterniert festgestellt, hat sich zum politischen Arm der christlichen Rechten gemacht und dabei etliche ihrer Grundsätze über den Haufen geworfen, von der Nichteinmischung des Staates in intime Lebensbereiche bis zur Autonomie der Bundesstaaten. Diese Debatte wird weitergehen, und wer dabei am Schluss gewinnt, ist noch nicht abzusehen. Sicher ist, dass der Druck der christlichen Rechten auf die Gerichte und zukünftige Richternominierungen nur noch stärker werden wird. Die Unabhängigkeit der US-Justiz, sosehr sie sich in diesem Fall behauptet hat, ist in Gefahr, selbst wenn es in Umfragen nur wenig Unterstützung für die Rechte gab.

Die Macht über die Bilder hatten gestern die Sprecher von Terri Schiavos Eltern, die protestierenden Christen vor dem Hospiz, die Teilnehmer an der Schweigeminute des Parlaments in Florida – all jene also, die von staatlich sanktionierter Tötung sprachen, wenn nicht von Mord. Nicht auszuschließen, dass die Emotionalität dieser Bilder den bisherigen Verlauf der Debatte noch einmal auf den Kopf stellt. BERND PICKERT