Die ganz lange Schweigeminute des Jürgen R.

taz geht wählen - die Serie zur NRW-Landtagswahl am 22. Mai. Unsere Bilanz der abgelaufenen Wahlkampfwoche. Welcher Kandidat lag in dieser Woche vorn? SPD-Ministerpräsident Steinbrück oder sein CDU-Herausforderer Rüttgers?

Schweigen der Woche?Junge-Union-Bubis (die mit den Barbour-Jacken) haben sich mit Rechtsextremisten aus Köln getroffen. CDU-Oppositionsführer Jürgen Rüttgers schweigt seit Tagen zu dem Thema. Wir verstehen das nicht als Aussitzen oder Totschweigen, sondern als (zugegeben lange) Rüttgers-Schweigeminute aus Betroffenheit über die politische Schlichtheit des eigenen Parteinachwuchses. TV-Auftritt der Woche?Allwöchentlich gibt es auf der Internetseite von Ministerpräsident Peer Steinbrück eine Videobotschaft. Dabei sitzt der NRW-Chef meist an seinem Schreibtisch und wird von einer Digicam gefilmt. Diese Woche heißt es im WWW lapidar: Steinbrück hatte „keine Zeit fürs Video. Wir verstehen das. Denn: NRW geht vor.“Umfrage der Woche?Das Wirtschaftsmagazin Capital hat ein „Elite-Panel“ durchgeführt. Die Meinungsforscher von Allensbach fragten Top-Manager, Politiker und Behördenchefs (komische Elitedefinition) danach, wer als NRW-Ministerpräsident geeigneter sei. Das Ergebnis: Chefs mögen Peer. Für Steinbrück votierten 53 Prozent der Großkopferten, Rüttgers wollen nur 39 Prozent. Jürgen ist halt der Pulheimer der kleinen Leute. Pleite der Woche?Nochmal JU. Nach dem Vorbild ihrer Kollegen aus Brandenburg wollen die jungen CDUler aus NRW im Internet ein satirisches Tagebuch über den SPD-Spitzenkandidaten veröffentlichen. Statt „Platzecks geheimes Tagebuch“ soll nun ein „charmanter und humorvoller Tagesrückblick“ über Steinbrück erscheinen. Doch blöderweise gibt es zwei Probleme. SPD-Mann Matthias Platzeck hat die Wahl in dem Ost-Staat gewonnen. Zudem funktioniert www.peers-geheimes-tagebuch.de nicht.Zitat der Woche?Aus dem politischen Düsseldorf dringen widersprüchliche Signale an unser Ohr. Im Landtag schreien sich die wegen des Umfragetiefs nervös-panischen Sozialdemokraten nur noch an, sagen die einen. Wie ein altes, schlaues Rennpferd wird die NRW-SPD der CDU auf der Ziellinie die trillionste Landtagswahlniederlage ihrer Geschichte zufügen, ahnen andere Auguren und Rennquintett-Experten. SPD-Chef Franz Müntefering drückt es so aus: „Es geht in NRW weiter mit sozialdemokratischer Dominanz, aber zusammen mit den Grünen.“ Mmh. Mal sehen.Gewinner der Woche?Erstmals liegt Steinbrück in unserem Wochen-Ranking knapp vorne. Zumindest hat er diese Woche in Berlin durchgekriegt, dass Außenminister Fischer noch vor der Wahl am 22. Mai vor dem Visa-Untersuchungsausschuss befragt wird. SuPeer.

MARTIN TEIGELER