Jüdische Zuwanderer in Deutschland

Seit der „Runde Tisch“ der DDR 1989 die jüdische Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion ermöglichte, kamen über 200.000 Flüchtlinge nach Deutschland. Sie bereichern das jüdische Leben in Deutschland. Die Mitgliederzahl der jüdischen Gemeinden stieg von 30.000 auf heute über 100.000.

Die Gruppe der jüdischen Zuwanderer ist, etwa im Vergleich zu den deutschstämmigen Aussiedlern, zwar relativ klein, doch ihre Integration bereitet vielfach Probleme. Es kamen und kommen Menschen, die fast nur Russisch sprechen, die sich in der jüdischen Liturgie nicht auskennen und die häufig – auch aufgrund fortgeschrittenen Alters – in Deutschland keine Arbeit finden. Gut 80 Prozent von ihnen müssen von der Sozialhilfe leben. Darüber hinaus werden viele, die in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion als Juden gelten, von den deutschen Gemeinden nicht als Juden anerkannt, weil sie nicht von einer jüdischen Mutter abstammen.

In Gesprächen hinter verschlossenen Türen einigten sich die Innenminister von Bund und Ländern Ende des letzten Jahres, die Einreise nach Deutschland zu erschweren. Es soll nur noch kommen dürfen, wer zumindest etwas Deutsch spricht, wer eine Chance auf dem Arbeitsmarkt hat und nach halachischem Gesetz jüdisch ist, das heißt von einer jüdischen Mutter abstammt. Die jüdischen Dachverbände, die orthodoxen und liberalen, intervenierten in letzter Sekunde, zumal auch bisherige Antragsteller das – teilweise zeitaufwendige – Verfahren ganz von vorn durchlaufen sollten.

Derzeit finden Gespräche von Politikern und jüdischen Dachverbänden statt. Spätestens im Sommer soll es eine Entscheidung geben, die den Zuzug wohl erschweren wird. Der Druck der jüdischen Gemeinden auf ihre Repräsentanten ist stark gewachsen, die Angst vor einer „Russifizierung“ sitzt tief. Zudem fehlt es allenthalben an Rabbinern und anderen Führungspersonen.Reiner Scholz