Auf die Insel

Der Sprung über die Elbe: Hamburg bietet Studierenden günstigen Wohnraum – wenn es, wie auf der Veddel, der Stadtentwicklung dient

von Alexander Diehl

Wer über die Elbbrücken nach Hamburg kommt, der passiert die Veddel, ohne es so recht zu bemerken. Einige Straßenzüge, rote Klinkerbauten; die schönen, zurückhaltend verzierten aus der Vorkriegszeit. „Fritz Schumacher“ mögen Neuankömmlinge denken, und tatsächlich verwirklichte Hamburgs Architektur-Übervater hier zu Weimarer Zeiten ein Backstein-Quartier.

Heute liegt die einst vorbildliche Siedlung eingeschnürt zwischen Bahngleisen und mehreren Spuren Schnellstraße. Dahinter Hafen und Industrie, Europas größter Kupferfabrikant etwa, der auch hier auf der Insel mal ein bedeutender Arbeitgeber war. 1950 lebten noch gut 10.000 Menschen auf der Veddel, meist Hafen- und Werftarbeiter mit ihren Familien. Heute sind es knapp halb so viele, davon nach offiziellen Angaben zwei Drittel ohne deutschen Pass.

„Hier haben wir Areale, die jahrelang nicht auf der Sonnenseite des Lebens lagen“, sprach im Juli vergangenen Jahres gut gelaunt der Hamburger Stadtentwicklungssenator. „Wenn auch nicht in diesem Sommer – die Sonne kommt.“ Michael Freytag (CDU) hatte auf die Veddel geladen, dorthin, wo der Senat das neue Herz der Hansestadt schlagen lassen will. Stadt und ihr Wohnungsunternehmen GWG präsentierten da ihr Programm „Runter mit der Miete, rauf auf die Veddel“: Etliche leer stehende Wohnungen hatte man saniert, um sie weit unter Marktwert an Studierende zu vermieten. Pro Person nicht mehr als 178 Euro werden da monatlich fällig. Dafür gibt es solide renovierten Altbau, eine in manchen Bereichen kaum metropolenwürdige Infrastruktur – dafür in manchen Wohnungen sogar Elbblick.

Unlängst konnte der Senator, wiederum vor Ort, Erfolg melden: Nicht nur, dass eine neu eröffnete Tapas-Bar mit Ausstellungsraum vom Wandel kündete. Nein, auch knapp 200 Studierende waren dem Lockruf auf die Insel gefolgt, die städtischen Fördergelder in Höhe von 500.000 Euro aufgebraucht. Prompt packte Freytag – der Senat schwinge schließlich keine Sonntagsreden – die nämliche Summe noch mal oben drauf.

Stadt und GWG haben noch Großes vor mit der vernachlässigten Wohnlage: Bezuschusst werden befristet auch die Gewerbemieten, auf dass sich die Infrastruktur der neuen Bewohnerschaft anpassen möge. Und für ein gestalterisches Gesamtkonzept veranstaltete man einen studentischen Planungswettbewerb. So bekommt die Veddel vielleicht irgendwann ein Stück Strand, auch das führte man zwischen Behörde und GWG bereits im Munde.

Wenig seriös findet Klaus Lübke so manchen nun geäußerten Plan für die Veddeler Zukunft. Der SPD-Bezirksabgeordnete bezeichnet sich als ranghöchsten noch auf der Insel lebenden Parlamentarier und sorgt sich um deren soziale Struktur. Niemand habe etwas gegen die herziehenden jungen Leute, weiß er, und diese wollten ja sicher auch niemanden verdrängen.

Aber liegt das in ihrer Hand? Ohne direkten Zusammenhang mit dem Studierenden-Programm – sehr wohl aber unter Berufung auf die erfolgten Sanierungen – erhöhte etwa die GWG unlängst in zahlreichen ihrer Wohnungen auf der Veddel die Mieten um 20 Prozent.

Damit lägen die Mieten hier aber immer noch weit unterhalb des Hamburger Durchschnitts, sagt Henning Finck. In den 90er Jahren, als Jurastudent, hat der 30-Jährige selbst auf der Veddel gewohnt, zusammen mit seinem Parteifreund Roland Heintze. Heute sitzen beide für die CDU in der Hamburger Bürgerschaft, Finck ist Fachsprecher – für Hafencity und „Sprung über die Elbe“. Und er weiß, wie es sich anfühlt, das studentische Wohnen in der Abseite des Hamburger Herzens.

Über freie Wohnungen informiert die GWG-Geschäftsstelle Hamburg-Süd, ☎ 694 44 83 00, www.saga-gwg.de. „Geförderte Wohnungen für Studenten“ hat auf der Veddel auch die Nordelbe Vermögensgesellschaft im Angebot: ☎ 200 01 30, www.nordelbe.de.