Unis im Stress ...

Gebühren, Fakultäten, internationale Studiengänge: Die Hochschulen haben einen Berg an Hausaufgaben zu bewältigen. Nur was kommt dabei raus?

„Die akademischen Gremien wissen gar nicht, was sie zuerst machen sollen“

Editorial: Eva Weikert

Nach viel Aufregung um die Geisteswissenschaften im vergangenen Jahr kommen die Hamburger Hochschulen weiterhin nicht zur Ruhe: Am 26. Januar machte das Bundesverfassungsgericht den Weg fürs Bezahlstudium frei – und keinen Monat später beschloss die Bürgerschaft mit CDU-Mehrheit, Studiengebühren schon ab April 2006 einzuführen. Alle Lehrstätten außer der Kunsthochschule wollen kassieren und müssen dafür jetzt ein Verfahren installieren. Dabei ist der Reformdruck ohnehin enorm hoch.

Die akademischen Gremien in den Hochschulen sind mit der Umstellung der Studiengänge auf das Bachelor-Master-System, neuen Zulassungsordnungen und der Fakultätengründung bereits überlastet. Und das Tagesgeschäft? Es scheint, als werde in Hamburg mehr reformiert als gelehrt und geforscht.

„Es ist kopflos, alles auf einmal zu machen“, kritisiert denn auch der Uni-AStA. Die Gremien wüssten gar nicht, was sie zuerst erledigen sollten. „Unsere Mindestforderung heißt darum mehr Zeit“, so Vorstand Stefan Kühn. Maximalforderung ist indes der Verzicht auf Studiengebühren und „Bildung für alle“. Um das durchzusetzen, hat der AStA für den Sommer mehrere Demos angekündigt und einen Uni-Streik angedroht.

Der Zank um soziale Abfederung der Gebühren wird unterdessen ohne AStA-Beteiligung allein zwischen Uni-Chef und Senat ausgefochten. Obwohl Hamburg die Abgabe in Karlsruhe durchgeboxt hat, will es kein eigenes Darlehens- und Stipendiensystem auflegen. Geben soll es gegen Gebühr bessere Ausstattung und mehr Dozenten, aber weniger Geisteswissenschaften, wie Uni-Präsident Jürgen Lüthje gegenüber der taz klarstellt.

Wichtigstes Novum in diesem Sommersemester sind für die Uni und die ehemalige Fachhochschule HAW die Fakultäten, denen die taz nach dem Bezahlstudium ihren zweiten Heftschwerpunkt widmet. Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) lobt, die Fächerbündelung werde „die Entscheidungskompetenz und Innovationsfähigkeit“ der Lehrstätten „deutlich verbessern“. Uni-AStA wie auch die Opposition warnen indes vor der Rückkehr zur Ordinarienuniversität. Und auch die Präsidien sind unzufrieden, weil ihnen die Riesensektionen zu mächtig sind. „Haben die Fakultätsdekane zu viel zu sagen“, so HAW-Chef Michael Stawicki, „könnte die Hochschule auseinander driften.“ Ausgelöscht mit der Fakultätengründung wurde die HWP, die der CDU-Senat zum 1. April in der Uni begraben ließ.

Viele deuten Studiengebühren als Paradigmenwechsel in der Hochschulfinanzierung. Aus Sicht der ASten zieht sich der Staat aus seiner Verantwortung zurück und baut die Hochschulen zu undemokratisch geführten Unternehmen um. Die Kassierer sind naturgemäß optimistischer: Uni-Chef Lüthje erwartet dank des Bezahlstudiums an der Uni „ein neues Klima“. An die Stelle eines Verwaltungsaktes trete künftig „eine Art Vertragsschluss“ zwischen Studierendem und Hochschule, „der Verbindlichkeiten auf beiden Seiten begründet“, lobt Lüthje die 500-Euro-Maut: „Das wird die Situation an den Hochschulen verbessern.“

Selbstredend denkt das auch der Senator. „Wenn man alles ändern will“, betont Dräger aber zugleich, „dann muss man über andere Gebührenhöhen reden.“