Erfolgreich ist, wer andere erfolgreich macht

Beim Unternehmerinnentag in Bochum diskutierten 700 Chefinnen aus Nordrhein-Westfalen über Macht und Verantwortung in Führungspositionen. Hierarchien abzubauen und Verantwortung zu delegieren sei wünschenswert, aber nicht leicht durchzusetzen, stellten die Beteiligten fest

BOCHUM taz ■ „Führungskompetenz hat, wer andere erfolgreich macht.“ Auf diese Definition hatten sich die Chefinnen auf dem 9. nordrhein-westfälischen Unternehmerinnentag schnell geeinigt. Wie dieses Verständnis von Macht und Verantwortung in den Betrieben umzusetzen ist, darüber diskutierten die mehr als 700 Frauen, die am Samstag nach Bochum gekommen waren. Auf beiden Etagen des RuhrCongresses tauschten die Unternehmerinnen Erfahrungen aus, bahnten Kontakte an und holten sich Tipps und Informationen. Ad hoc konnten sie ein persönliches Beratungsgespräch zu ihrem Marketing-Auftritt, zu Controlling oder Krisenbewältigung buchen, an der Kooperationsbörse Partnerinnen für gemeinsame Projekte finden oder eines der 25 Seminare besuchen.

Dabei wurde sehr offen von den eigenen Erfahrungen berichtet. „Hier hat keine den Habitus der Unbesiegbaren“, sagt Ruth Weber, Koordinatorin der 46 NRW-Regionalstellen „Frau und Beruf“. „Mir gefällt die entspannte Atmosphäre“, sagt eine Besucherin, „hier kann ich von den anderen Frauen lernen, welche Kundenakquise sinnvoll ist und dass die Selbstständigkeit richtig Spaß macht!“ Da war es, das hüpfende Herz, auf das Birgit Unger, von der RevierA GmbH, neben dem Verein Pro Ruhrgebiet Hauptveranstalterin, gehofft hatte.

Stolz sind die Veranstalterinnen darauf, dass die Zahl der Besucherinnen im Vergleich zum Vorjahr, als 680 Frauen nach Gelsenkirchen kamen, noch einmal gesteigert werden konnte. Etwa zwei Drittel der Teilnehmerinnen sind schon mehrere Jahre selbstständig, ein Drittel befindet sich in der Gründungsphase. „Viele der überwiegend kleinen bis mittelständischen Betriebe mit weiblicher Führung sind in den 90er Jahren gegründet worden und befinden sich noch im Prozess des Wachstums“, sagt Cornelia Sperling von der Agentur RevierA. Davon gehören mehr als die Hälfte zur Dienstleistungsbranche. Insgesamt beträgt der Frauenanteil bei den Selbstständigen im Ruhrgebiet knapp 30 Prozent.

Den Auftakt zum Schwerpunkt Führungskompetenz bot am Morgen ein Podiumsgespräch. Anknüpfend an die gemeinsame Definition, die MitarbeiterInnen erfolgreich zu machen, war sich Gaby Schilling, promovierte Chemikerin in Leitungsfunktion sicher: „Da bin ich besser als meine Kollegen, weil mich das Menschliche mehr interessiert.“ Auch Anne-Catherine Poirier, Leiterin einer Unternehmensberatung hat die Erfahrung gemacht: „Kleine und mittelständische Betriebe bevorzugen Unternehmensberaterinnen, weil sie den MitarbeiterInnen mit Einfühlungsvermögen und Interesse begegnen. Laut Barbara Mettler-von Meibom, Professorin und Kommunikationsberaterin, zeichnet sich eine gute Führung dadurch aus, dass die weiblichen und männlichen Anteile, die jeder in sich trägt, integriert werden.

Dennoch ist es für Chefinnen nicht leicht, ihr Verständnis von Führung in den Betrieben umzusetzen. Annette Kaltenbach, Unternehmerin einer Scharniere-Fabrik, berichtete, dass ihre Bemühungen, Hierarchien in der Produktion abzubauen, Gruppenarbeit einzuführen und Verantwortung zu delegieren, bei ihren 70 MitarbeiterInnen zunächst auf viel Widerstand gestoßen sind. Geholfen habe ihr in dieser Situation unter anderem ein Coaching. Auch die Moderatorin der Runde, Helga Kirchner, die als Chefredakteurin beim WDR-Hörfunk Führungsverantwortung trägt, berichtete von positiven Erfahrungen mit dem Coaching. Die Teilnehmerinnen des Podiums appellierten an die Unternehmerinnen, sich in Interessensverbänden wie der IHK oder auch im Mittelstandsbeirat des NRW-Wirtschaftsministeriums zu engagieren und dort Position zu beziehen.

SUSANNE KEIL