speichenbruch
: Hondos Bande

Das wirklich Schöne am Radsport ist, dass, wenn’s erst mal wirklich ernst wird, alle zusammenstehen in felsenfester Verbundenheit. Weit und breit kein Feind ist dann mehr zu sehen, alle sind nur noch lieb Freund. So wie Olaf Ludwig, der Teamchef bei Team T-Mobile, dem es unter anderen vorbehalten war, ein paar friedliche Worte zu finden zum Dopingfall Danilo Hondo. Hondo ist beim deutschen T-Mobile-Konkurrenten Gerolsteiner angestellt und war, wie man seit Freitag weiß, zuletzt nicht nur mit Sprudel unterwegs, sondern mit: einer ebenso stimulierenden wie verbotenen Substanz, im Körper gefunden bei der Murcia-Rundfahrt Anfang März. Olaf Ludwig hätte also locker vom Leder ziehen können über den Betrüger von der Konkurrenz, gesagt aber hat er: „Wenn Danilo schuldig gesprochen wird, ist das mit Sicherheit ein großer Imageschaden für den deutschen Radsport, den wir alle verkraften müssen. Da kann von Konkurrenzdenken keine Rede sein.“

Beim Thema Doping funktioniert Radsport eben so – da sind alle gleich. Und vielleicht hat es mit Papstens Himmelfahrt zu tun, dass einem da ganz nebenbei ein Sprüchlein aus der Bibel einfällt, nämlich dies: „Wer frei von Schud ist, der werfe den ersten Stein.“ Wobei Ludwig speziell bei der Causa Hondo besonders gut daran tut, Milde walten zu lassen, schließlich war der Sprinter aus Brandenburg bis vor anderthalb Jahren für die damals noch als Telekom radelnde Betriebssportgruppe aus Bonn unterwegs – und wer kann heute, also nach Hondos Sündenfall, noch mit Sicherheit sagen, dass der 31-Jährige zu jener Zeit nur das schnelle Radeln bei den Magentafarbenen gelernt hat? Und wurde nicht just zu Hondos Telekom-Zeiten auch ein gewisser Jan Ullrich mit Amphetaminen, also Aufputschern, angetroffen?

Hans-Michael Holczer, Hondos aktueller Chef bei Gerolsteiner, hat nach Bekanntwerden des positiven Dopingbefunds gesagt: „Das ist der Tag, vor dem ich immer Angst hatte.“ Schon davor war der umtriebige Schwabe positiv auffällig geworden, nämlich mit dem Bekenntnis, für keinen seiner Fahrer „die Hand ins Feuer“ legen zu wollen, weil: „Vielleicht verarschen die mich, möglich ist das.“ Solch Ehrlichkeit ehrt, weil sie ganz allgemein deutlich macht: Radsport, zumindest wenn profesionell betrieben, lässt sich nicht getrennt vom Dopinggespenst sehen. Der aktuelle Fall des Danilo Hondo lehrt darüber hinaus: Der deutsche Radsport ist nicht besser als der der anderen Nationen.

FRANK KETTERER