LESERINNENBRIEFE
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■ betr.: „Durchs deutsche Wirklichkeitsdickicht“, taz vom 13. 7. 09

Nicht jede Position aushalten

„Wir sind ein pluralistischer Laden. […] Jeder muss hier eine Menge Positionen ertragen, die ihm uns Verrecken nicht passen“, sagte Bascha Mika („Ich stand oft am Marterpfahl“, 11. 7.). Da mag sie ja Recht haben. Als taz-Leser seit der ersten Ausgabe habe ich oft Anlass gehabt, heftig zu schlucken. Mikas Aussage kann aber nicht so gemeint sein, dass jede Position in der taz ausgehalten werden muss. In seiner Kolumne erzählt Jan Feddersen von „seinem“ Taxifahrer, der ihm als Prototyp eines erfolgreichen Migranten erscheint, und stellt sich die Frage, warum niemand in Deutschland solche Erfolgsgeschichten hören wolle. Schuld daran seien „die Linken“ und die „Multikultis“. Mal abgesehen davon, dass er da sehr unscharfe Begriffe wählt, stellt sich doch die Frage, wie einer so blind sein kann, die soziale Situation von Migranten mit Ghettobildung, Armut, Bildungsferne nicht zur Kenntnis zu nehmen. Aber er hat halt eine „rechte“ politische Brille auf! Über diese seine Haltung könnte man streiten. Aber wer schreibt: „Hat sich das ganze Milieu in den Siebzigern von Wallraff anstecken lassen, dem anerkannten Kopf der Opferverklappung in Romanform?“, der vergisst, dass er nicht für Bild schreibt, sondern für die taz. Und in dieser Zeitung haben solche diskriminierenden Äußerungen, die sich auch der persönlichen Beleidigung nähern, nichts zu suchen. Im Übrigen: Wenn es um die Problematik der sexuellen Orientierung geht, hat Herr Feddersen ja kaum Skrupel, Opfergeschichten zu erzählen. VOLKER TÖBEL, Dortmund

■ betr.: taz-Berichterstattung über Tofu, Kochen und Ernährung

An der Pinnwand

Ich möchte der taz einfach mal danken für die vielen, vielen gut recherchierten Artikel zum Thema Ernährung und Geschmack. Das bringt sonst wirklich niemand in dieser Dichte, Güte und Länge.Ihr habt wirklich erkannt, dass an dieser Front vieles zum Thema Zukunft entschieden wird. So mancher Artikel landet in der Göttinger Kochschule an der Pinnwand. Weiter so! BERND SOCHER, Göttingen

■ betr.: „Die gespaltene Gesell-schaft“, taz vom 14. 7. 09

Verfassungsfeinde

Treffender kann man die Situation in diesem ach so reichen Land nicht analysieren. Anzumerken bleibt noch, dass Parteien/Politiker, die dieses soziale Ungleichgewicht beseitigen wollen, regelmäßig als Verfassungsfeinde denunziert werden, Beispiel Sarah Wagenknecht. Indes ist meine Sorge, dass aus der resultierenden Hoffnung auf einen deutschen Obama ein ganz anderer Führer wieder an die Macht kommen könnte. THOMAS ADLER, Berlin

■ betr.: „Postskriptum zur Piratendiskussion“, taz vom 14. 7. 09

Jeder ist gleichzeitig Urheber und „Pirat“

Durch das Internet wurde nicht alles neu und völlig anders. Aber es wurden Entwicklungen und Tendenzen beschleunigt und radikalisiert. Ein elektronisches Warenhaus ist zum Teil mit einem realen vergleichbar, vielleicht besser noch mit einem Bestellkatalog, und trotzdem gibt es Bereiche, die über das bekannte weit hinausgehen. Durch das Web, insbesondere in seiner Form als Web 2.0, wird endgültig die Trennung von Sender und Empfänger sowie von Produzent und Konsument auch praktisch aufgehoben. Wenn es aber keine reale und erfahrbare Trennung mehr gibt und jeder zugleich Urheber und „Pirat“ ist, hat dies natürlich auch Auswirkungen auf das Urheberrecht. Dann können Dinge wie Eigentum oder eben das Urheberrecht zum Problem werden, ohne dass sie es vorher waren oder in der „realen“ Welt werden müssen. Es mag paradox klingen, aber ich kann gleichzeitig dafür sein, mir Songs, Filme, Bücher, Texte „frei“ aus dem Internet zu laden, obwohl ich nie eine CD oder ein Buch in einem Geschäft stehlen würde und sogar weiterhin CDs, DVDs, Bücher und Zeitschriften kaufe. Wenn ich selbst Inhalte produziere und ins Netz stelle, hat Eigentum und Urheberrecht auch nichts Monetäres mehr an sich. Lohn für die Arbeit ist dann eher Reputation. MATHIAS KOPHAMEL, Steinfurt