Köln droht soziale Wohnungsnot

Trotz wachsenden Bedarfs werden immer weniger Sozialwohnungen gebaut. Die Stadtverwaltung schlägt Alarm. Politiker befürchten: Wenn jetzt nichts getan wird, verslummen ganze Wohnviertel

VON SUSANNE GANNOTT

Einen „Wohnungskrieg“ und die „Verslummung“ ganzer Stadtviertel befürchtet der sozialpolitische Sprecher der grünen Ratsfraktion, Ossi Helling. Grund für das düstere Szenario ist der aktuelle Wohnungsbericht der Stadt Köln. Danach ist die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen in den vergangenen zehn Jahren von 100.000 auf knapp 60.000 gesunken. Bis 2014 werde sie sich voraussichtlich noch einmal um 20.000 verringern. „Dagegen wird die Zahl derer, die auf eine solche Wohnung angewiesen sind, eher ansteigen“, heißt es im Bericht des Wohnungsamts.

Für Helling sind diese Zahlen „eine Katastrophe“. Eigentlich müssten in Köln jährlich mindestens 1.000 neue Sozialwohnungen gebaut werden, um den steigenden Bedarf halbwegs auszugleichen, sagt der grüne Sozialpolitiker. So steht es auch im Wohnungsgesamtplan, in dem Verwaltung und Rat ihre Ziele bis 2015 formuliert haben. Tatsächlich wurden 2003 jedoch nur 371 Sozialwohnungen bewilligt, stellen die Autoren des aktuellen Wohnungsberichts fest. Und 2004 seien es nur unwesentlich mehr gewesen, nämlich 518 Wohnungen. Damit aber sei das Ziel, bis 2015 insgesamt 57.000 neue Wohnungen zu bauen, „kaum zu erreichen“, heißt es weiter.

Den Grund für das geringe Interesse privater Investoren sieht die Stadt in den „günstigen Zinsen auf dem Kapitalmarkt“, sowie im „konstant hohen Mietniveau in Köln“. Beides mache sozialen Wohnungsbau „derzeit allenfalls an weniger guten Standorten lohnend“, resümiert das Wohnungsamt.

Die Kölner SPD fordert nun eine „Trendwende“ in der städtischen Wohnungsbaupolitik: Wenn sich keine privaten Investoren fänden, müssten eben die städtischen Wohnungsbaugesellschaft GAG und Grubo wieder mehr Sozialwohnungen bauen, sagt der Vorsitzende des Sozialausschusses des Kölner Rats, Walther Kluth. Dies sei in den vergangenen Jahren unter CDU-Herrschaft immer weniger geworden. „Aber wofür haben wir solche Gesellschaften?“

Tatsächlich haben CDU und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart, dass GAG und Grubo die Landesmittel für Wohnungsbau wieder voll ausschöpfen sollen – was in den letzten Jahren nicht der Fall war. Zudem wurde festgeschrieben, dass beim Verkauf städtischer Grundstücke für den Wohnungsbau „mindestens ein Viertel ‚öffentlich-geförderter Wohnraum‘ zur Auflage gemacht wird.“

Dieser Passus hat allerdings schon zu Streit zwischen den Koalitionären geführt. Denn im Fall des Bebauungsplans für die Nippeser Clouth-Werke will die CDU von 25 Prozent Sozialwohnungen auf einmal nichts mehr wissen, beschwert sich Kluth. „Dabei ist das Gelände im Koalitionsvertrag ausdrücklich genannt.“ Sein CDU-Stellvertreter im Sozialausschuss, Bernhard Ensmann, will sich dazu lieber nicht äußern. In Sachen GAG und Grubo ist Ensmanns Position allerdings eindeutig: Neue Wohnungen sollen sie nicht bauen, das „müssen freie Unternehmer am Markt machen“.

Wie der Koalitionsstreit ausgeht, ist noch völlig offen. Kluth ist optimistisch, dass sich die SPD-Ansicht durchsetzen wird – schließlich sei das längst beschlossen. Schützenhilfe bekommen die Sozialdemokraten von der PDS. „Es ist ein Unding, dass sich Köln aus der Förderung zurückgezogen hat“, erklärt Ratsherr Jörg Detjen. Auch der Grüne Helling hält es für richtig, dass GAG und Grubo wieder mehr in sozialen Wohnungsbau investieren. Dem stehe allerdings die Vorstellung der Koalition entgegen, dass die Betriebe auch Gewinne abwerfen und zur Haushaltskonsolidierung beitragen sollen. „Man muss sich schon entscheiden, was man will.“