Im Keller brennt noch Licht

Der VfL Bochum egalisiert bei Borussia Mönchengladbach einen 0:2-Rückstand und zieht die Borussia damit in den Abstiegskampf. Doch dort orientiert man sich lieber nach oben. Beim VfL hingegen glimmt wieder das „Hoffnungsfeuer“

AUS MÖNCHENGLADBACH MANUEL KRONS

Das Abstiegsgespenst trug ein grellgelbes Gewand, als es in der letzten Minute im Strafraum der Gladbacher auftauchte. Rein van Duijnhoven, der Keeper des VfL Bochum, war beim Eckball mit nach vorne geeilt. Der 1,93 Meter lange Niederländer sprang höher als die gesamte Abwehr von Borussia Möchengladbach und köpfte den Ball in Richtung des zweiten Pfostens. Dort wollte der heranstürmende Borussen-Verteidiger Marcelo Pletsch Schlimmeres verhindern, doch es gelang ihm nicht. Im Gegenteil. Pletsch fabrizierte ein lupenreines Eigentor zum 2:2. Futsch waren die drei Punkte für die Hausherren. Und obwohl Keeper van Duijnhoven seinem Team mit dem risikoreichen Ausflug in der Schlussminute nur einen Punkt im Abstiegskampf rettete, war er so etwas wie der Match-Winner am Sonntagnachmittag. „Wir haben gezeigt, dass wir noch nicht tot sind“, resümierte er im Anschluss an die Partie erleichtert. Auch VfL-Coach Peter Neururer bescheinigte seiner Mannschaft hernach „Charakter“.

Zuvor jedoch schien sich das Team seines Gegenübers Dick Advocaat lange wie der sichere Sieger fühlen zu können. Diese trügerische Sicherheit veranlasste den Borussen-Anhang zu Beginn der zweiten Hälfte gar zu stimmgewaltiger Häme. Nicht gerade bekannt für den kompromisslosen Rückhalt zu ihrem holländischen Trainer, skandierten die Fans in der Nordkurve nun: „Neururer raus!“ Es wurde deutlich, wie eng Gunst und Missgunst im Abstiegskampf beieinander liegen.

In einer Begegnung, deren „Endspielcharakter“(Neururer) nicht immer zu erkennen war, reichten der Borussia zwei gute Momente, um die engagierten Bochumer mit 0:2 auf Distanz zu bringen. In der 30. Minute war es Peer Kluge, der in einer sehenswerten Aktion den Ball durch drei Bochumer lupfte und ihn dann an van Duijnhoven vorbei links unten ins Tor spitzelte. Sieben Minuten nach Wiederanpfiff nutzte Marcell Jansen ein Zuspiel von Sverkos zum zweiten Gladbacher Treffer. Das schien schon zu reichen, um drei Punkte gegen einen demoralisierten Tabellensiebzehnten einzufahren.

Doch es passte ins Gesamtbild des Wochenendes, dass der VfL nicht widerspruchslos die Opferrolle einnehmen wollte. Auch wenn man die Einschätzung Neururers, der bei seiner Mannschaft „die Körpersprache des absoluten Willens“ erkannt haben wollte, nicht vollständig teilen mag, so war doch zu erahnen, dass den Gladbachern im weiteren Verlauf ein mittelmäßiger Kampfeinsatz nicht reichen würde, um die Führung über die Zeit zu retten. Dick Advovcaat musste mit ansehen, wie seine Mannschaft zu leidenschaftslos spielte, um den verdienten Anschluss-Treffer durch Lokvenc (70.) verhindern zu können. Fast schon folgerichtig wurde van Duijnhovens Kopfball kurz vor Schluss mit dem Ausgleich belohnt.

Im Aufeinandertreffen der umstrittenen Übungsleiter war es denn auch der Borussen-Trainer, der sich für die eigene und die Leistung seines Teams rechtfertigen musste. „Es ist enttäuschend, wenn man 2:0 führt und dann verdient den Ausgleich bekommt, aber es ist schwer, gegen eine Mannschaft zu spielen, die so viel Risiko geht“, sagte Advocaat. Für die Bochumer hat sich dieses Risiko vorerst bezahlt gemacht. Vom Punktgewinn und dem Auftreten seines Teams erhofft sich Neururer nun „den notwendigen Schub für die letzten sieben Spiele“. Er will den „glücklichen Eindruck“, den man sich in der Schlussphase erarbeitet hat, mit in die kommenden Partien nehmen.

Ein günstiger Zeitpunkt. Denn offenbar hat auch bei den „Wackelkandidaten“ Nürnberg, Gladbach und Mainz das große Zittern begonnen. Schien der Abstieg vergangene Woche noch ein privates Problem der letzten drei in der Liga, hat sich die Zahl der Bewerber nun verdoppelt. Vor allem bei den Gladbachern ist durch den doppelten Punktverlust der Abstieg zur realen Bedrohung geworden. Nur noch 6 Zähler trennen die Fohlen von der Zweitligazone. Und es ist nicht gerade der hoffnungsvollste Ausblick, den Dick Advookat für den kommenden Spieltag gibt: „So ein Spiel bleibt hängen, aber wir müssen so schnell wie möglich vergessen. Denn die nächste Partie ist bei den Bayern.“ Für Peter Neururer und seine Bochumer sind das keine schlechten Aussichten: „Wir wollen aus unserem Resthoffnungsfunken wieder ein Hoffnungsfeuer machen.“ Das Licht im Tabellenkeller ist noch nicht gelöscht.