RENTENPOLITISCH FÄHRT DIE BUNDESREGIERUNG IN DIE SACKGASSE
: Die nächste Panik kommt bestimmt

Wenige politmediale Tricks funktionieren so gut wie der Ruf „Rentenkürzung!“. Mit dem Aufregungspotenzial von 20 Millionen Rentnern – ein Drittel der Wählerschaft – lässt sich eine Regierung wundervoll unter Druck setzen.

In der aktuellen Rentendiskussion werden zwei Probleme angesprochen. Das eine ist, ob die Einnahmen der Rentenkassen in diesem Jahr reichen, um die Bezüge auszuzahlen. Die Antwort lautet: wahrscheinlich nicht. Das heißt aber nicht, dass deswegen die Zahlungen an die Ruheständler gekürzt werden oder Schlimmeres. Vielmehr wird Finanzminister Hans Eichel im Herbst den Rentenkassen wohl erstmals einen Kredit geben müssen. Das ist für ihn und den Steuerzahler beklagenswert, gefährdet aber die Auszahlung nicht. Aktuelle Rentenpanik ist also überflüssig.

Das andere Problem ist, dass die Regierung sich mit ihren jüngsten Rentengesetzen tatsächlich in ein Dilemma begeben hat: Sie hat zwar Gesetze zur Bremsung des Rentenanstiegs verabschiedet – sich selbst aber zugleich verboten, die Rente zu senken. Genau dadurch aber können die Rentengesetze an anderer Stelle nicht richtig wirken: Sie sollen nämlich verhindern, dass die Rentenbeiträge für Arbeitgeber und Arbeitnehmer steigen. Nur wenn die Bruttolöhne sinken, müssten auch die Rentner verzichten. Das ist aber – bei aller Wirtschaftsflaute – (noch) nicht zu erwarten und wäre für die Politik der Bundesregierung sowieso der Finanz-GAU.

Doch woher soll das Geld kommen? Wenn im Wahljahr eine Rentenkürzung – naheliegenderweise – ebenso ausgeschlossen werden soll wie eine Beitragserhöhung, bleibt nur eine Erhöhung von Steuern übrig.

Bislang aber hat Rot-Grün die Steuereinnahmen systematisch verschlechtert. Als Nächstes müssen jetzt sogar noch die Ausfälle durch die gesenkte Unternehmenssteuer aufgefangen werden. Und es zeichnet sich nirgends ab, dass irgendeine Quelle demnächst munter zu sprudeln beginnt. So ist zwar die aktuelle Panik unbegründet. Doch ab dem nächsten Jahr wird es spannend, wie sich die Regierung aus der selbst angerichteten Zwangslage herausziehen will.

ULRIKE WINKELMANN