REGIONALWAHLEN IN ITALIEN: DER ANFANG VOM ENDE DER ÄRA BERLUSCONI
: Erfahrung siegt über Propaganda

Die Hochrechnungen ließen keinen Zweifel: Silvio Berlusconi hat bei den italienischen Regionalwahlen eine herbe politische Niederlage einstecken müssen. Egal, ob am Ende die Linke in elf oder „bloß“ in acht der 13 wählenden Regionen regiert: Es ist unübersehbar, dass Italien seinem Regierungschef den Rücken gekehrt hat. Selbst der Tod des Papstes konnte die Wähler nicht von ihrem Wunsch abbringen, Berlusconi einen dicken Denkzettel zu verpassen. Nur zwei Prozent weniger als bei den letzten Regionalwahlen gingen an die Urnen – und das, obwohl die anstehende Wahl seit Donnerstag aus den Medien verschwunden war.

Berlusconi hat immer vollmundig behauptet, er sei „ein Mann der Tat.“ Eben dies schlägt nun gegen ihn aus: Nicht an seinen Worten haben die Wähler ihn gemessen, sondern an seinen Taten in seiner nun fast vierjährigen Regierungszeit. Und nicht auf die Berichterstattung der fast komplett auf Linie gebrachten Jubelmedien haben sie sich dabei verlassen, sondern auf ihre eigenen Erfahrungen.

Wie eh und je führte Berlusconi einen Wahlkampf, in dem finanzielle Übermacht und Medienkontrolle die Parteienkonkurrenz zum einseitigen Wettbewerb werden ließen – und dennoch wird er seine Mogelpackungen nicht mehr los. Denn jenseits der Verluste diverser Regionen ist ein anderes Faktum für Berlusconi noch viel Besorgnis erregender: Auch wo die Linke noch in der Minderheit blieb, brach sie tief in die Wählerschichten der Rechten ein, auch wo die Rechte noch siegte, verlor sie zwischen fünf und zehn Prozent der Stimmen.

Erstmals hat Italiens Mitte-links-Bündnis jetzt die Chance, im ganzen Land aus eigener Kraft die Mehrheit zu gewinnen und nicht – wie Prodi 1996 – bloß deshalb zu siegen, weil die Rechte gespalten antrat. Entsprechend ratlos ist Berlusconi. Er hat alles versucht, neue Versprechen und alte Tricks wie das Hochjazzen der politischen Gegner zur „kommunistischen Gefahr“. Doch nichts hat gegriffen. Wenn die Linke nicht die alten Fehler der Selbstzerfleischung wiederholt, hat sie beste Aussichten, in einem Jahr Berlusconi nach Hause zu schicken – und dann wohl für immer. MICHAEL BRAUN