Schwere Niederlage für Silvio Berlusconi

Bei den Regionalwahlen in Italien legt das Mitte-links-Bündnis unter Romano Prodi laut ersten Exit-Polls massiv zu. Auch in rechten Hochburgen erzielt die Opposition hohe Zuwächse. Berlusconi-Lager spielt die Wahl als „Lokalschlacht“ herunter

AUS ROM MICHAEL BRAUN

Bei den am Sonntag und Montag in Italien abgehaltenen Regionalwahlen musste Ministerpräsident Silvio Berlusconi eine deutliche Niederlage einstecken. 13 der 20 Regionen mit etwa 41 Millionen Wählern – sprich 80 Prozent der Wählerschaft – waren aufgerufen, in direkter Wahl die neuen Regionalpräsidenten sowie die Parlamente zu bestimmen. In der süditalienischen Basilikata dagegen wurde das Votum im letzten Moment aufgrund des Protests einer zunächst ausgeschlossenen, dann wenige Tage vor der Wahl wieder zugelassenen Liste auf den 17. und 18. April verschoben.

Vor fünf Jahren hatten die Regionalwahlen das Ende der Mitte-links-Koalition eingeläutet, als die Rechte auf breiter Front dazugewann. Diesmal hat nach den ersten Exit-Polls das Mitte-links-Bündnis unter Romano Prodi nicht nur den verlorenen Boden wieder gutgemacht, sondern auch tiefe Einbrüche in rechte Hochburgen erzielt. 8 der 14 Regionen waren bisher in der Hand der Berlusconi-Koalition. Im schlimmsten Falle wird sie nur die beiden Regionen Lombardei (Exit-Poll: 51,5–55,5 Prozent) und Veneto (46,5–50,5 Prozent) verteidigen. Die Linke darf sich darüber freuen, beginnend bei der Emilia (61–65 Prozent), alle bisher von ihr regierten Regionen mit Mehrheiten deutlich über 50 Prozent gehalten zu haben. Als sicher erschien nach Schließung der Wahllokale auch der Zugewinn dreier weiterer Regionen. In Ligurien mit der Hauptstadt Genua lag der Mitte-links-Kandidat mit 51 bis 55 Prozent vorn. Die Eroberung von Kalabrien durfte angesichts einer Mehrheit von 54,5–58,5 Prozent als ebenso sicher gelten wie die der Abruzzen (53–57 Prozent).

Doch auch in drei weiteren, bis vor kurzem als uneinnehmbar geltenden Regionen liegt nach Exit-Polls die Linke vorn. In Piemont, in der Hauptstadtregion Latium und in Apulien. In Latium lag gestern der amtierende Präsident Storace, Führungsmitglied bei den Rechtsaußen der Alleanza Nazionale, (45,5–49,5 Prozent) knapp hinter dem Kandidaten des Mitte-links-Bündnisses, Piero Marrazzo, (48–52 Prozent). Storace hatte vor der Wahl betont: „Wenn ich verliere, wird Berlusconis Nachfolger Romano Prodi heißen.“

Berlusconi muss zur Kenntnis nehmen, dass seine Strategie kaum Früchte getragen hat. Der Effekt der Ministeuerreform ist verpufft, auch wenn die ihm hörigen Medien die Steuersenkung zum Jahrhundertwerk hochgejubelt hatten. Denn die Italiener brauchten nur einen Blick auf ihren – ziemlich unveränderten – Gehaltsstreifen zu werfen, um den Wahrheitsgehalt dieser Meldungen festzustellen.

Verpufft ist auch die Ankündigung, ab Herbst die italienischen Truppen aus dem Irak zurückzuziehen – unter dem Druck der USA war Berlusconi binnen einem Tag zurückgerudert. Im Lager Berlusconis hat die Schadensbegrenzung schon begonnen. Ein Sprecher der Forza Italia verkündete sofort nach Schließung der Wahllokale, es sei bloß „eine lokale Schlacht“, die national keine Bedeutung habe. Zudem sei der Urnengang durch den Papsttod entpolitisiert worden. Fraglich, ob Berlusconi diesen Argumenten glaubt – seine Koalitionspartner werden es ganz gewiss nicht tun. Berlusconi steht ein ähnliches Schicksal bevor wie der Mitte-links-Koalition im Jahr 2000: ein Jahr Agonie der Regierung, hingebracht im permanenten Koalitionskrach, und dann die ruhmlose Abwahl.