2012 wird toll!

JUBILÄUM Die Hamburger Popband Palais Schaumburg feierte im Hebbel am Ufer und in Originalbesetzung das Erscheinen ihres Debütalbums vor 30 Jahren: Großer Spaß

Es gab viel Freude an diesem Abend. „Wir feiern Silvester einen Tag vorher, 2012 wird toll!“ rief Holger Hiller

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot vom Hebbel am Ufer ausging, dass alle Welt zum Konzert von Palais Schaumburg nach Berlin kommen solle. Und jedermann ging, dass er sich ergötzen ließe, ein jeder aus seiner Stadt. Da machten sich auf auch einige Menschen aus dem fernen Birmingham, damit es sich ergötzen ließe. Und der Sänger Holger Hiller trat zu ihnen und sprach: „How did you find out about Palais Schaumburg in Birmingham?“

Die Ankündigung des Hebbel am Ufer, zum Ende des Jahres die wiedervereinigten Vorreiter der Neuen Deutschen Welle, Palais Schaumburg, in seinem Haus als Gast zu haben, schien wie ein kleines Weihnachtswunder. Viele waren am Freitag dem Ruf gefolgt. Neben den Fans aus Birmingham fanden sich auch so prominente Gäste ein wie der Chef des Mute-Labels Daniel Miller, der bekannten Musikern von Depeche Mode bis Moby eine Herberge bietet. Die versammelten Fans wollten sich nicht die Gelegenheit entgehen lassen, eine der einflussreichsten Bands der neuen Welle deutschsprachiger Popmusik der frühen Achtziger noch einmal auf der Bühne zu erleben. Schließlich war den in Hamburg gegründeten Palais Schaumburg mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum von 1981 eine äußerst eigenwillige Platte gelungen, voll dadaistisch-eindringlicher Texte, rhythmisch kantig, überwiegend atonal, dabei getragen von einem dennoch tanzbaren Groove. Es sollte ihre einzige Platte mit Sänger Holger Hiller bleiben: Die Sozialdynamik innerhalb der Band gestaltete sich ähnlich spannungsreich wie ihre Songs. 1984 löste man sich vollständig auf.

Doch von früherem Streit war am Freitag nichts zu spüren. Man hatte sich eingefunden, um die schrullige Schönheit von Schaumburg-Klassikern wie „Deutschland kehrt gebräunt zurück“, „Gute Luft“ oder „Morgen wird der Wald gefegt“ zu zelebrieren. Und das taten Hiller, Synthesizer-Bevollmächtigter Thomas Fehlmann, Bassist Timo Blunck und Schlagzeuger Ralf Hertwig mit ihrem Publikum ausgiebig.

Es gab viel Freude an diesem Abend, nicht nur, weil unter anderem das Stück „Die Freude“ erklang, sondern weil die Feier – „Wir feiern Silvester einen Tag vorher, 2012 wird toll!“ rief Hiller – als sehr geglückt bezeichnet werden kann. Die Musiker gaben sich in Hochform. Hillers nasaler Sprechgesang hatte denselben nöligen Einschlag wie vor dreißig Jahren, Fehlmann zeigte sich besonders an der Trompete äußerst locker, und Blunck und Hertwig legten mit bewährt vertrackter Rhythmusarbeit das Fundament. Natürlich bleibt ein Jubiläumskonzert immer auch eine Gedenkveranstaltung, zumindest für alle, die 1981 mit aufgesperrten Ohren am Plattenspieler saßen und sich wunderten über die Geräusche, die aus ihm herauskamen.

Allzu sentimental ließen die Schaumburgs es zum Glück aber nicht werden. Man kann Hillers gelegentliche Anwandlungen, auf Mitmach-Animation zu bestehen, als unnötig kritisieren, aber das sind Kleinigkeiten. Bloß das „Grüne Winkelkanu“ fehlte wirklich, als einziger Song des Albums – trotz lauter Wunschbekundungen. Man könne das live nicht spielen, entschuldigte sich Hiller. Das habe man nur im Studio zusammen basteln können. Man hatte Spaß am Zuspruch aus dem Saal wie an der Musik. Die wiederum war, bei allem historischen Abstand, immer noch sehr frisch. TIM CASPAR BOEHME