SPD und Grüne allein im Lagerwahlkampf

Die Spitzenkandidaten der Regierungskoalition machen Wahlkampf in der Staatskanzlei – und erklären „Schwarzgelb“ zum gemeinsamen Gegner. Die Wähler aber wollen SPD und Grüne dennoch von den eigenen Konzepten überzeugen

DÜSSELDORF taz ■ Auf den ersten Blick herrschte in der Staatskanzlei Harmonie pur: Zusammen mit den Spitzenkandidaten der Grünen, Bärbel Höhn und Michael Vesper, hat Nordrhein-Westfalens SPD-Ministerpräsident Peer Steinbrück noch einmal für eine Fortsetzung des rot-grünen Bündnisses über die Landtagswahl hinaus geworben. Dies „wäre eine gute Lösung“, erklärte Steinbrück.

Auch Umweltministerin Höhn und Vesper als grüner Multi-Minister für Wohnen und Städtebau, Kultur und Sport machten sich für Rot-Grün stark: NRW stehe vor einem „Lagerwahlkampf, den wir gewinnen wollen“, so Höhn. Auch Vesper setzt auf das Prinzip Hoffnung. „Diese Koalition will es wieder, will es noch einmal wissen“, sagte der stellvertretende Regierungschef fast beschwörend.

Punkten will die Koalition vor allem mit Angriffen auf „Schwarzgelb“. CDU und FDP stünden für eine Politik der sozialen Kälte, für das Zurückdrängen von Arbeitnehmerrechten, versicherte Steinbrück. Dann referierte er mit den Punkten Tarifautonomie, Mitbestimmung, Kündigungsschutz und dem Nein zu Studiengebühren das SPD-Wahlprogramm in Kurzfassung.

Höhn wollte da nicht zurückstehen: Ausgiebig redete die Ministerin über Umweltpolitik und deren Arbeitsplatzpotenziale – die schlechten Prognosen mögen Rot-Grün vordergründig zusammenbringen, doch hinter den Kulissen läuft der auch untereinander ausgetragene Kampf der Koalitionäre um jede Wählerin, jeden Wähler weiter. So sprach Nordrhein-Westfalens Minister für Wirtschaft und Arbeit, Harald Schartau, zwar über Jobprogramme und unerwünschte Billig-Arbeitskräfte aus Osteuropa, ein klares Ja zu Rot-Grün aber kam dem SPD-Landesvorsitzenden nicht über die Lippen. Noch immer wirkt Schartau wie beleidigt von den stabilen Umfragewerten der Grünen, die trotz der Visa-Affäre von Außenminister Joschka Fischer stabil bei neun oder zehn Prozent liegen, während die Sozialdemokraten schwächeln. Am Ende verließ niemand die Regierungszentrale eher als der SPD-Chef.

Denn hinter den Kulissen lauern die alten Verteilungskämpfe. Sollte die Koalition die Wahl gegen den Trend gewinnen und die Grünen ein zweistelliges Ergebnis einfahren, sei ein drittes Ministerium fällig, ist in deren Landtagsfraktion schon seit Wochen zu hören. Derzeit aber liegt Rot-Grün aber vier Prozent hinter CDU und FDP – für ein Patt sei somit nur ein „Swing“ von zwei Prozent nötig, machen sich führende Sozialdemokraten immer wieder Mut. Und so setzte vor allem Vesper auf die Wirkung kleiner Zeichen: „Vor fünf Jahren wäre eine gemeinsame Veranstaltung wie diese nicht möglich gewesen.“

Trösten kann da nur der Blick auf das gegnerische Lager. Zwar beschloss der FDP-Landesvorstand gestern einstimmig eine Koalitionsaussage zugunsten der CDU. Doch deren Landeschef Jürgen Rüttgers, der bisher nicht einmal ein Schattenkabinett präsentiert hat, verweigert bisher eine klare Ansage – wie so oft.

ANDREAS WYPUTTA