Muslime würden Kirchen kaufen

GOTTESHÄUSER Evangelische Kirche hält Kirchen-Abrisse für „denkbar“ – Muslime suchen Moscheegebäude

„Bei uns gibt es keine heiligen oder geweihten Räume“

SABINE HATSCHER, BEK

Die muslimischen Gemeinden in Bremen können sich vorstellen, nicht mehr benötigte evangelische Kirchen zu kaufen und als Moscheen zu nutzen. Das sagte Ismail Baser, der stellvertretende Vorsitzende des islamischen Dachverbandes Schura. „Wir haben wachsenden Bedarf an Moscheen“, so Baser. In Bremen gebe es derzeit 32 davon, die meisten seien in Miet-Immobilien. „Alle Gemeinden haben das Ziel, eigene Räumlichkeiten zu besitzen.“ Deshalb gäbe es auch Interesse an Kirchengebäuden, wenn diese zum Verkauf stünden und die Lage interessant sei. „Wir können uns in ehemaligen Kirchen einrichten.“

Der leitende Bremer Theologe Renke Brahms hatte in einem Interview vor Silvester den Abriss evangelischer Kirchen für „im Prinzip denkbar“ erklärt – wenn auch nur als allerletzte Option. Grund seien knappe Finanzen und zurückgehende Mitgliederzahlen. „Wir werden nicht jedes Gemeindezentrum und jede Kirche halten können“, sagte Brahms dem Evangelischen Pressedienst (EPD).

Bis 2017 rechne die Bremische Evangelische Kirche (BEK) mit Sanierungskosten von bis zu 30 Millionen Euro. Die BEK besitzt 50 Kirchen und Kapellen, zu ihr gehören 61 Gemeinden mit rund 224.000 Mitgliedern. Vor zehn Jahren waren es 30.000 mehr.

Die Zahl der Moslems in Bremen liegt bei rund 35.000. Nach Schätzungen von Baser besucht rund die Hälfte von ihnen regelmäßig eine Moschee.

„Wir müssen nicht drei Kirchen in unmittelbarer Nachbarschaft erhalten, in denen sonntags zum Gottesdienst jeweils 25 Besucher sitzen“, sagte Brahms. „Auch wenn wir Angebote konzentrieren, lassen wir die Menschen nicht alleine.“

„Wir stehen nicht kurz davor, irgendwas abzureißen oder zu verkaufen“, sagte die BEK-Sprecherin Sabine Hatscher. Allerdings sei der Verkauf für die BEK „einfacher, als für die Katholiken, denn bei uns gibt es keine heiligen oder geweihten Räume“. Insofern bestünden „keine theologischen Einwände“ gegen einen Verkauf an muslimische Gemeinden. „Wenn wir Bedarf hätten, uns von einer Kirche zu trennen, würden wir so ein Angebot prüfen.“ Bislang war der Abriss einer evangelischen Kirche ein Tabu – nicht aber eine neue Nutzung. So hat die serbisch-orthodoxe Gemeinde vor einigen Jahren die hölzerne Fleetkirche in Bremen-Walle übernommen. Die Matthias-Claudius-Kirche in der Neustadt wurde zu einem Kindergarten umgebaut. Die historische St.-Stephani-Kirche ist für Kultur reserviert, die Philippuskirche im Bremer Westen beherbergt ein Zentrum für Jugendliche. CHRISTIAN JAKOB

mit Material von epd