EU-Milliarden für Brenner-Tunnel

Mit bis zu 50 Prozent will Brüssel die geplante 56 Kilometer lange Eisenbahnröhre durch die Alpen bezuschussen. Dafür soll Österreich die derzeit gültige Straßen-Maut senken

WIEN taz ■ Der Brenner-Basistunnel genießt für Brüssel höchste Priorität. EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot besuchte Ende letzter Woche bei seiner ersten Reise in dieser Funktion Tirol und Südtirol, um sich mit eigenen Augen von den Auswirkungen des Alpentransits zu überzeugen. Dabei stellte er einen substanziellen Beitrag zu den Baukosten in Aussicht.

Der heute schon stark befahrene Brenner gilt als Hauptschlagader der Wirtschaft Europas. Entsprechend wird der Lkw-Verkehr weiter zunehmen – bis 2015 um 80 Prozent, schätzen Experten.

Die geplante 56 Kilometer lange Röhre wäre der längste Eisenbahntunnel Europas und würde für die transitgeplagten Gemeinden beiderseits des Alpenpasses von Lärm- und Abgasbelastung spürbar erleichtern. Die derzeit veranschlagten Kosten von fünf bis sechs Milliarden Euro werden von Experten für zu niedrig gehalten. Deswegen liegt das Projekt auch auf Eis, obwohl sich außer bei den italienischen Grünen kein nennenswerter politischer Widerstand dagegen regt.

Wenn es nach Barrot geht, soll im Juni 2006 ein Sondierstollen gegraben werden. Dabei würde die EU die Hälfte der Kosten tragen. Bei der Gesamtfinanzierung blieb der Kommissar vorsichtiger. Man könne sich aber der Grenze von 50 Prozent nähern, deutete er an.

Weniger günstig für Österreich fiel seine Stellungnahme zur Brenner-Maut aus. Der Europäische Gerichtshof hat ja befunden, dass die derzeit erhobene Straßengebühr um etwa 60 Prozent zu hoch liege. Barrot zeigte zwar Verständnis für die Haltung Tirols. Für die Querfinanzierung des Tunnels verwies er jedoch auf die bevorstehende Novellierung der Europäischen Wegekostenrichtlinie, die am 21. April beschlossen werden soll. Sie sieht zusätzliche Mauten für besonders sensible Strecken vor. Barrot zur Tageszeitung Der Standard: „Die neue Wegekostenrichtlinie wird etwas Luft schaffen und Österreich erlauben, sich wieder entsprechend den Regeln zu verhalten. Für die neuen Regeln brauche ich aber die Zustimmung der Italiener und eine breite Mehrheit im Verkehrsministerrat – auch von den Mitgliedstaaten an der EU-Peripherie.“ Die stehen einer zu großen Erhöhung der Maut verständlicherweise reserviert gegenüber.

Wie viel die EU letzten Endes zu den Tunnel-Baukosten zuschießen wird, hängt nicht zuletzt davon ab, ob die Finanzminister die 18 Milliarden Euro, die in der Periode 2007 bis 2013 für grenzüberschreitende Verkehrsnetze investiert werden sollen, bewilligen. Da steht gerade Österreich auf der Bremse. Mit anderen Nettozahlern gemeinsam fordert Wien, den EU-Haushalt auf 1 Prozent der Wirtschaftsleistung zu beschränken. Die von der Kommission eingeplanten 20 Milliarden Euro für die 30 wichtigsten Projekte setzen aber voraus, dass der EU-Haushalt ab 2007 auf durchschnittlich 1,14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigt. RALF LEONHARD