zwischen den rillen
: Abtauchen und lustvoll leiden

Indie-Gitarrenmusik, aber was für welche! Gleich der erste Song ist ein Brocken. Fast zu gut für einen Opener, weil die folgenden Stücke – bei aller Qualität – kaum mehr dagegen ankommen. „Wann hör ich auf, den Rest der Zeit leblos zu buchstabieren?“, singt Dominik Jansen und fängt damit genau die Stimmung der Musik ein. Dieser euphorische Glücksmoment, geboren aus tiefster Schwermut. Unglaublich pathetisch und gerade deshalb so packend.

Man kennt das: Eine Nacht voll Trennungsschmerz, alkoholischer Betäubung, Schlafentzug. Am nächsten Morgen geht eben doch alles weiter: „Ein neuer Tag, so gut es geht.“ Und die Musik türmt sich feierlich-majestätisch zu dunklen Wolken. „Für immer und weiter“ heißt das erste Album des Kölner Trios „Decorder“, einer Band, die nun schon seit zehn Jahren Musik macht, aber erst jetzt in die Öffentlichkeit tritt.

Das ebenfalls in der Domstadt beheimatete kleine Label „Sitzer“ hat es den Jungs ermöglicht, ihre musikalische Vision zu formulieren. Die Band bewegt sich in einem klar definierten Genre und will keinen neuen Musikstil erfinden. Koordinaten? Radiohead, Interpol, Doves. Das muss man mögen. Die Lust am Leiden ist natürlich erste Voraussetzung.

Innerhalb des Genres kann man Akzente setzen – und das tut Decorder. Geschmeidigkeit ist hier das Stichwort, und das trotz deutscher Texte. Jansen wählt die Worte so, dass sie mit den Melodien verschmelzen. Da werden die Silben auch mal ausgesungen in weichen, geschwungenen Bögen. Harmonie und Ausgewogenheit sind das A und O bei Decorder: Die flirrenden Gitarren sind fein ineinander verwoben, Schlagzeug und Bass bilden ein rollendes Fundament.

Es geht um Herzlichkeit und Wärme. Hier kann man abtauchen. Nicht alle Songs dieses Albums besitzen die Größe des ersten Tracks „So gut es geht“. Oder des vermeintlichen Hits „Bis es Nacht wird“, dessen Melodie man meint genau so schon einmal gehört zu haben. In der zweiten Hälfte plätschert es ein wenig. Das Fazit bleibt dennoch: super Platte! OLIVER MINCK

„Für immer und weiter“ (Sitzer/Brokensilence) Konzert von Decorder: Fr, 8.4., 21 Uhr, Subway, Aachener Str. 82-84. Wir verlosen 5x2 Karten! E-Mail an: verlag@taz-nrw.de : „Decorder“