Wer kümmert sich um auffällige Kinder?

Der Senat will verhaltensauffällige Schüler in Sonder-Gruppen individueller betreuen. Abschieben, sagen die Grünen

bremen taz ■ Wohin sollen sie denn nun hin – die Schüler, die verhaltensauffällig sind und oft genug zu Problemfällen in den Grundschulen werden? Bisher waren diese Kinder in die Regelklassen der Schulen integriert, doch das soll sich nun nach dem Willen des Bildungssenators Willi Lemke (SPD) ändern. Nach einer Vorlage für den Unterausschuss zur Förderung und Integration behinderter Kinder sollen so genannte „dezentrale Reintegrationsklassen im Primarstufenbereich für den sonderpädagogischen Förderbedarf Sprache und Verhalten“ eingerichtet werden. Im Klartext: Es sollen alle verhaltensauffälligen Kinder in sechs Gruppen zu sechs Kindern in regional an Grundschulen installierten Gruppen von Pädagogen betreut werden. Spätestens nach drei Jahren individuellerer Förderung sollen sie in ihre herkömmlichen Klassen zurückkehren. Kinder mit sprachlichem Förderbedarf sollen ebenfalls in besonderen Gruppen betreut werden. Sie sollen von Pädagogen und Psychologen aus einem Förderzentrum betreut werden, die bisher an den Schulen direkt mitgearbeitet haben. „Es geht darum, dass spezielle Kinder in den Klassen allein nicht mehr ausreichend gefördert werden können“, sagt Rainer Gausepohl, Sprecher des Bildungssenators.

„Damit würden wir faktisch zur Sonderschule zurückkehren“, meint Anja Stahmann, bildungspolitische Sprecherin der Bremer Grünen-Fraktion. Sie ist für eine verstärkte Betreuung der Kinder in den jeweiligen Klassen. Das bestehende System solle nach ihrem Willen sogar noch ausgebaut werden. „Gerade in der Frühförderung brauchen wir eine Doppelbesetzung in den Klassen. Kinder mit speziellem Förderbedarf dürfen nicht ghettoisiert werden. Uns ist klar, dass das Geld kostet“, so Stahmann. Doch die verstärkte Betreuung, die durch Sonderpädagogen, Psychologen und Therapeuten geleistet werden solle, zahle sich aus. Durch Sonderklassen würden die Schüler hingegen stigmatisiert, die Rückkehr in die herkömmlichen Klassen immer schwieriger. „Hier sollen bestehende Standards aufgeweicht werden“, befürchtet Stahmann, die mit verschiedenen Verbandsvertretern und Lehrern gesprochen haben will. So warnt der Vorsitzende des Verbands für Sonderpädagogik Bremen, Georg Schweppe, in einem Schreiben an den Senator vor Änderungen der bisherigen Regelung. Die gemeinsame Beschulung von behinderten und nicht behinderten Kindern und Jugendlichen habe sich bewährt und dürfe jetzt nicht am Ressourcenvorbehalt scheitern, heißt es. „Wir sehen die Vorteile, nämlich dass sich verhaltensauffällige Kinder so zielgerichteter fördern lassen“, sagt hingegen Gausepohl.

Um das Thema weiter zu vertiefen und Experten wie die Professoren Johannes Beck und Georg Feuser zu dem Thema zu hören, lädt die Fraktion der Grünen heute, um 15 Uhr, alle Interessierten in den Plenarsaal der Bürgerschaft zu einer öffentlichen Anhörung ein. ky