600 Euro Strafe für Spacepark-Protest

Bremer Student soll sein ganzes Monats-Bafög Strafe zahlen, weil er vergangenen September, zwei Stunden vor endgültigem Torschluss im Space Park versuchte, kostenlos die Achterbahn zu sehen. „Ich dachte, dass ist die letzte Gelegenheit“

bremen taz ■ Eigentlich sollte die Aktion „freier Eintritt ab 15 Uhr“ am letzten Öffnungstag des Space Parks vergangenen September vor allem eine letzte Protestveranstaltung sein: 160 Millionen Euro an Steuermitteln seien in das Pleiteprojekt geflossen – schon das sei doch Grund genug, das Raumfahrtspektakel an der Weser wenigstens in den letzten Stunden des letzten Tages kostenlos zu öffnen. Fürs Volk sozusagen, das doch das Geld dafür gegeben hatte. So räsonnierten die unbekannten Organisatoren des Protests augenzwinkernd und verärgert zugleich – und streuten Eintrittskarten über die gesamte Stadt. Unechte. Die landeten anonym in Briefkästen im Viertel und in der Neustadt oder kursierten in Walle und Gröpelingen – in den angrenzenden Stadtteilen des Space-Flops also, wo viele Anwohner nicht genug verdienen, um die rund 70 Euro für einen Familieneintritt aufbringen zu können. Jetzt soll dieser Protest einen Studenten teuer zu stehen kommen.

Dem 27-Jährigen stellte das Amtsgericht einen Strafbefehl über 600 Euro zu – plus 65 Euro Bearbeitungsgebühr. Für den Versuch, „sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen“ indem er „durch Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Irrtum zu erregen versuchte“, so die Begründung.

Fritz S. ist schockiert. Nicht nur, weil 600 Euro mehr sind als er pro Monat an Geld überhaupt zur Verfügung hat. Sondern auch, weil eine Straftat zu begehen gar nicht in seiner Absicht lag. „Ich wollte nur die letzte Gelegenheit ergreifen, den Space Park mal von innen zu sehen“, sagt er. „Wie viele andere an diesem Nachmittag auch“ – wobei Kinder offenbar mit Tickets in den Entertainmentbereich gelassen wurden, die andere Besucher beim Verlassen der Schau abgegeben hatten. Ihm selbst wird dieser Versuch strafverschärfend zur Last gelegt – was der juristische Laie nicht so richtig versteht, denn: „Als man mir gesagt hat, dass die Eintrittskarten nicht übertragbar sind, bin ich doch gegangen.“

Eine Debatte mit einem Wachmann freilich konnte der Student nicht lassen. „Ich habe mich provoziert gefühlt von dem breitbeinigen und selbstgefälligen Auftreten dieses Mannes“, erinnert sich der eher zierliche Soziologie-Student. Seine Frage, warum der Space Park-Bewacher die Handvoll Menschen draußen nicht einfach reinlasse, sei nicht gut angekommen. Noch schlechter kam offenbar S. Grinsen an. „Plötzlich hat der Polizist, der dabei stand, meine Personalien aufgenommen. Damit der Wachmann sich eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs überlegen kann.“ So habe die Begründung gelautet, erinnert Fritz S.

Dass es zu einer solchen Anzeige nicht kam, habe er wohl seiner Freundin zu verdanken, glaubt er: Sie suchte noch am selben Tag den Wach-Chef auf und übermittelte ihm eine Entschuldigung des mit Hausverbot belegten Studenten – der sich heute für den Einzigen hält, „den sie in dieser Sache drankriegen“. Möglich wäre das. Beim Amtsgericht jedenfalls erinnert man sich nicht an ähnlich gelagerte Fälle.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft kommentiert den Fall unterdessen nur zurückhaltend, denn offenbar habe ja jemand den Sachverhalt geprüft und bewertet. Das Vergehen berühre „wohl den Bereich des versuchten Betrugs. Wenn uns ein solches Delikt bekannt wird, müssen wir handeln.“ Der damalige Sprecher des Space Park war für eine Stellungnahme gestern nicht zu erreichen. ede